2006/3 Sexualität – Eucharistie

Dieser Artikel erschien in der ME­ Zeitung / Flandern im Juni 2006. Er stammt aus der Feder von Bob van Laer, einem flämischen ME-Priester aus Vaalbeek bei Leuven. Wir bedanken uns bei Pfarrer Hermann Pint aus Raeren (Ostbelgien, deutschsprachiges Gebiet), der den Text für uns übersetzte.

Ist es nicht anstößig, Sexualität mit Eucharistie in Verbindung zu bringen?

Vielleicht müssen wir zuerst eine andere Frage stellen:
Wie kommt es, dass wir dies anstößig finden? Lesen wir doch im Schöpfungsbericht: Gott sah, dass alles gut war, was er geschaffen hatte, auch den Menschen, den er als Mann und Frau schuf, mit Gefühlen, Grundbedürfnissen und Trieben.

Wir sollten darüber nachdenken, dass Jesus ausgerechnet beim letzten Zusammensein mit seinen Freunden, im Rahmen des jüdischen Paschamahles plötzlich sagte: „Das ist mein Leib, den ich für euch hingebe.

Vielleicht können wir unsere Sexualität besser begreifen, wenn wir sie von der Eucharistie her anschauen. Viel­leicht können wir die Eucharistie auch besser begreifen von der Sexualität her?

Bei so manchem Austausch über Sexualität hörte ich die Angst der Frauen heraus, im geschlechtlichen Miteinander als Person nicht geliebt und respektiert zu werden; mit anderen Worten, dass es häufig nur um das „Tun“ geht, anstatt darum, dem anderen zu begegnen.

Plötzlich entdecken wir hier eine schmerzliche Trennung zwischen Körper (Leib) und Person. Beide werden voneinander getrennt. Ich hörte einmal den Satz: „Er braucht eine Frau, nicht mich!“ Bei diesem Ausdruck klingen tiefer Schmerz und Enttäuschung mit. Ich hörte daraus, die tiefe Sehnsucht nach Respekt und die Hoffnung, zu ganzheitlichen Begegnungen zu kommen.

Ist unsere Sexualität nicht einer der drei Wege, um einander präsent zu sein? Klar und deutlich in und durch unsere Leiblichkeit?

Wenn Jesus sagt: „Das ist mein Leib, den ich euch gebe“, dann gibt er sich voll und ganz als Person, als Leben für den, der ihn empfängt und ihm begegnen will!

Wir sagen wohl: „Ich habe einen Leib“, wie wenn wir ihn besäßen. Genauer müsste es heißen: Mein Leib, das bin ich.

Wird das nicht sehr spürbar bei einer Geburt, wenn ein Kind den Mutterschoß verlässt? Dann kommt kein Geist, aber wohl ein Leib, „Unser Kindchen“!

Es ist bedeutsam, dass Jesus bei seinem Abschied, im Rahmen eines Mahles ein Zeichen gefunden hat, mit dem er zusammenfasst, was das Ziel seines Lebens war, und wie er mit seinen Freunden wünscht weiter zu leben.

Jesus verweist weder auf die wunder baren Gleichnisse noch auf seine Worte, sondern auf seinen Leib.

Er verweist auf das, worin ein Mensch ganz Mensch wird, vom Säugling zum Kind, zum Jugendlichen, zu Erwachsenen d. h. mit allem, was an Veränderungen in einem Leib passiert. Wir sind nämlich keine Engel. Wir sind Menschen, unterschieden von Engeln durch unsere Leiblichkeit.

Mit unserem Leib geben wir einander Zeichen, fassen uns an, streicheln uns, fügen wir einander Schmerz zu. Das ist der Leib, in dem wir wachsen, den wir pflegen, mit dem wir alt werden und der einmal begraben wird. Jesus verweist mit seinem Leib auf seine totale Hingabe.

Den Worten Jesu gehen zwei kleine Wörter voraus: „Nehmt und esst!“ Sehr lange wurde dem Christentum Kannibalismus vorgeworfen.

Im Brot, das wir als tägliche Nahrung zu uns nehmen, wird sehr deutlich, wozu Jesus sich geben will: Als Nahrung für uns Menschen, die jeden Tag Hunger haben, nicht allein Hunger im Magen, auch Hunger nach sinnvollem Leben, nach Glück, Friede, Geborgenheit, Freundschaft usw. „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich werde euch Ruhe verschaffen (Mt. 11, 28).

Ich denke an die Worte von Guido Heyrbaut, wenn er über den schriftlichen Dialog sprach: Wenn ihr eure Hefte austauscht, sagt ihr eigentlich, „Nimm und iss, ich schenke mich dir! Nähre deinen Leib damit!“

Damals gingen mir die Augen auf, um den tiefen Sinn unseres Dialogschreibens zu erfassen. Zur gleichen Zeit erfasste ich auch den Sinn der Eucharistie.


Dialogfragen:
  • Wo sind mir die Augen aufgegangen? Wfim dabei?
  • Was lebt in mir nach der Lektüre dieses Artikels?