Wenn wir von Gemeinschaft sprechen oder den Begriff hören, stellt sich uns manchmal die Frage, wie Gemeinschaft eigentlich definiert ist. Beim Nachschlagen in einem Lexikon haben wir u. a. folgende Einträge gefunden:
- Gemeinschaft bezeichnet eine wechselseitige Verbindung von Personen oder Staaten, die nicht ausschließlich (rational) zweckorientiert, sondern auch auf Zuneigung und innere Verbundenheit angelegt ist.
- Gemeinschaft ist ein soziologischer Begriff, der die Nähe und Vertrautheit menschlichen Zusammenlebens betont.
- Soziologisch wird zwischen Gesellschaft und Gemeinschaft unterschieden, wobei letztere sich durch eine größere Nähe und Verbundenheit der Menschen und erstere durch eine stärker rationale (zweck-, nutzenorientierte) Begründung des Zusammenlebens auszeichnet.
Bei einer Gemeinschaft geht es also in erster Linie nicht um Zweckorientierung, sondern um innere Verbundenheit, Zuneigung, Vertrautheit und Nähe im menschlichen Zusammenleben.
Aber hat Gemeinschaft wirklich noch Sinn? Oft erleben wir, dass Gemeinschaft heutzutage für viele nicht mehr etwas Selbstverständliches ist. Sogar innerhalb von Paarbeziehungen geht jeder seinen eigenen Weg. Unsere Gesellschaft unterstreicht den Wert der Freiheit („Ich bin ein Individuum“). Wie kann das mit „Gemeinschaft“ in Einklang gebracht werden?
Durch unsere persönlichen Erfahrungen und dem Erleben von Freude, Begeisterung und Annahme in der Gemeinschaft, sagen wir „JA“ zur ME-Gemeinschaft. Gott hat uns ganz einmalig geschaffen (s. 3. Einführung: Du bist einmalig!) und doch brauchen wir Annahme, Bestätigung und Zutrauen um froh und zufrieden zu sein und uns zu entwickeln. Und dies erfahren wir in unserer Gemeinschaft.
Natürlich gibt es vielfältige Gemeinschaften, in denen zwei oder mehr Menschen zusammen sind, u. a. die Paarbeziehung. Wenn wir hier von Gemeinschaft sprechen, meinen wir aber unsere ME- Gemeinschaft.
In der ME-Gemeinschaft haben wir beide nach unserem Wochenende oder eigentlich schon während des Wochenendes Aufnahme und Annahme erfahren. Später in Dialoggruppen durften wir einfach da sein, auch wenn wir es schwer miteinander hatten. Als Person und Paar erfuhren wir Annahme und Bestätigung und das ohne besondere Leistung. Das hat uns wachsen lassen, jeder für sich als Persönlichkeit, wir beide in unserer Beziehung als Paar und in unserem Menschsein.
Die ME-Gemeinschaft bedeutet für uns die Verbundenheit Gleichgesinnter, die alle einen Traum haben und bereit sind, sich dafür einzusetzen.
In der Gemeinschaft haben wir gelernt – und lernen noch – immer besser mit unseren Unterschiedlichkeiten umzugehen. In der Gemeinschaft teilen wir nicht nur das, was wir gemeinsam haben, sondern auch was uns unterscheidet. Und dabei bemühen wir uns, einander mit unseren Unterschiedlichkeiten anzunehmen.
In der Gemeinschaft wird uns Vertrauen geschenkt und wir erhalten Hilfe, uns zu entdecken und weiter zu entwickeln.
Einander lieben, nicht weil wir … sondern damit wir … (Epheser 5, 25 – 32).
Durch die Gemeinschaft haben wir klarer erkennen können, dass uns Leben und Liebe von Anderen geschenkt wurde. Und jetzt ist es unser Bedürfnis und unsere Aufgabe, Leben und Liebe weiterzugeben.
Unsere Gemeinschaft ist offen für jeden. Wir beide haben festgestellt, dass wir manchmal „selektiv“ sind, zum Beispiel in unseren persönlichen Kontakten oder im Zugehen auf Andere. Wir handeln dann nach Sympathie.
Neben dem Schönen und Aufbauenden erleben wir in unserer Gemeinschaft manchmal auch Unangenehmes und Schweres. Dann sind wir enttäuscht und neigen dazu, uns zurück zu ziehen. Wir haben die Vorstellung oder die Erwartung, dass immer alles gut und einfach laufen sollte.
Und dabei ist die Enttäuschung eine ganz normale Entwicklung, wie wir Sie auch in anderen Beziehungen kennen. Bereits im Wochenende haben wir davon gehört. Von der Zeit der Romanze, in der alles toll und einfach ist. Von der Enttäuschung, die uns oft unvorbereitet trifft und der Möglichkeit der Entscheidung, mit der wir aus uns heraus Verantwortung übernehmen und einen Schritt tun können. Die Romanze, die Enttäuschung und die Entscheidung, aus der wieder die Romanze entstehen kann, sind immer wiederkehrende Abläufe.
Und dieser Schritt der Entscheidung ist letztlich auch immer wieder unser JA zur Gemeinschaft.
Für ME ist die Gemeinschaft besonders wichtig. Das Wochenende wird durch die Gemeinschaft getragen und die Gemeinschaft bildet sich aus den Wochenenden. So war die Gemeinschaft auch das Leitthema der 25 Jahrfeier von ME in Deutschland im November 2004. Damals wurden die „7 Gesichter einer Gemeinschaft“ das erste Mal vorgestellt und waren auch schon Thema in der Zeitung. Hier noch einmal in Stichworten:
- Einander empfangen
Einander die Erfahrung zu geben, angenommen, geliebt und wertvoll zu sein. - Einander herausfordern
Einander helfen zu wachsen und Schritte zu gehen unseren Traum zu leben. - Einander begleiten
Da zu sein, wenn wir gebraucht werden, dabei treu zu sein und auszuhalten. - Mit unserer Unterschiedlichkeit umgehen
Einander mit den Unterschiedlichkeiten anzunehmen und anzuhören. - Einander helfen unsere Möglichkeiten zu entwickeln
Einander zu helfen ein Leben in Fülle zu leben, wie Gott es für uns erträumt hat. - Allen gegenüber offen sein
Nicht Selektieren und offen gegenüber jedem zu sein. Dies ist die wahre Bedeutung von katholisch. - Unsere Wurzel erkennen, unsere Sendung leben
„Liebt einander, wie ich euch geliebt habe”
Im Wochenende haben wir etwas geschenkt bekommen, so sind wir gerufen, dieses weiterzugeben.
Besinnungsfragen:
- Was bedeutet für mich Gemeinschaft?
- Wann, wo, wie und durch wen habe ich Gemeinschaft entdeckt?
- Was zog mich dabei an?
- Womit hatte ich es schwer?
- Wann habe ich in meinem Leben Gemeinschaft vermisst?
- Welche Freuden erlebe ich in der Gemeinschaft?
Dialogfragen:
- Was bedeutet die ME-Gemeinschaft für mich? Wie fühle ich mich beim Schreiben?
- Was ist heute mein stärkstes Gefühl, wenn ich an die ME-Gemeinschaft denke?
- Was erhalte ich in der ME-Gemeinschaft und wie fühle ich mich, wenn ich dir das schreibe?
- Was gebe ich in der ME-Gemeinschaft und wie fühle ich mich, wenn ich dir das schreibe?
- Was verweigere ich der ME-Gemeinschaft und wie fühle ich mich, wenn ich dir das schreibe?
- Was möchte ich wirklich in der ME-Gemeinschaft (er)leben?
- Was möchte ich keinesfalls in der ME-Gemeinschaft (er)leben?
- Wenn ich mir eine (konkrete) Freude, die ich in der Gemeinschaft erlebe, anschaue, wie fühle ich mich?
- Wenn ich mir etwas Schweres (konkret), was ich in der Gemeinschaft erlebt habe, anschaue, wie fühle ich mich?
- Was hat mich in der ME-Gemeinschaft enttäuscht? Wie fühle ich mich, wenn ich das schreibe?
- Auch in und für die Gemeinschaft kann ich mich zum Lieben entscheiden! Wie fühle ich mich, wenn mir dies bewusst mache?
- Bin ich in der Gemeinschaft offen für alle oder selektiere ich? Wie fühle ich mich, wenn ich mir dies bewusst mache?
Beitragsbild: Übergabe der Glocke von Deutschland an Portugal. Gemeinschaftsverbindend. Die Glocke wurde von Kamerun als Zeichen des Dankes der Europäischen Gemeinschaft geschenkt. Europa hat ME nach Afrika gebracht.