Zur Vorbereitung auf dieses Thema haben wir uns die Frage gestellt: Was träume ich für unsere Beziehung und wie versuche ich heute meinen Traum mit dir zu leben?
Wenn ich, Günter, auf meinen Traum für unser gemeinsames Leben schaue, fällt mir die Zeit unseres Kennenlernens, unsere Romanze, ein. Ich wünschte mir mit Angelika zusammen zu sein, mit ihr mein Leben und meine Zukunft zu planen. Ich wünschte mir ein Leben in Harmonie und Zärtlichkeit.
Doch im Alltag wurde dieser Traum immer mehr durch meine und Angelikas Arbeit zugedeckt. Besonders unsere Unterschiedlichkeit war immer wieder ein Stolperstein in unserer Beziehung.
In den ersten Jahren unserer Ehe bin ich meistens aus dem Zimmer gegangen, wenn sich ein Streit zwischen uns anbahnte. Ich wollte auf diese Art die Harmonie zwischen uns erhalten. Doch der Ärger und die Enttäuschung wurde bei uns beiden dadurch noch größer. Und um des lieben Friedens willen habe ich auch oft meinen Ärger verdrängt und alles unter den Teppich gekehrt. Nach außen hin ging es uns gut, aber mir fehlte trotzdem etwas.
In unserem ME-Wochenende kam ich wieder mit meinem Traum für unsere Beziehung in Berührung. Heute ist mein Traum immer noch der gleiche. Ich möchte mit Angelika in Frieden, Freuden und in Harmonie leben. Mir ist allerdings inzwischen deutlich geworden, dass ich wohl vieles unbewusst mache, um dieses Ziel zu erreichen. Ich freue mich, wenn Angelika auch Freude hat.
Wir beide haben viele gleiche Hobbys und Interessen, wir wandern und singen gerne zusammen. In solchen Momenten hat sich mein Traum von unserem Leben erfüllt.
Leider ist nicht immer Sonnenschein. Oft prallen unsere Meinungen aufeinander. Doch im Laufe der Jahre habe ich gelernt mit Angelika unsere unterschiedlichen Streitpunkte zu besprechen und auszutragen. So ist unser Miteinander ehrlicher geworden.
In den 45 Jahren unserer Ehe sind viele Träume für mich wahr geworden. Einige Träume haben sich nicht erfüllt. Jetzt freue ich mich, dass die Enkelkinder „an uns hängen“ und gerne bei uns sind. Ich möchte sie aufwachsen sehen und gemeinsam mit Angelika tolle Großeltern sein.
Ich, Angelika, denke an den Abend zurück, als wir uns gemeinsam einen Film angeschaut haben. Wir saßen Hand in Hand eng beieinander. Ab und zu hat Günter meine Hand gestreichelt. Das waren für mich zwei schöne Stunden in trauter Zweisamkeit. Ich erlebte es als die Erfüllung des Traumes, auch in unserem Alter noch solche Momente zu erleben.
Mein Traum war und ist: dass wir Vertrauen zueinander haben, dass wir einander achten, dass wir uns trauen, einander unsere Bedürfnisse zu sagen, damit wir nicht nebeneinander verkümmern. Denn meine Bedürfnisse und Eigenarten können so ganz anders sein als Günters.
Wie versuche ich meinen Traum umzusetzen?
Es war in unserem letzten Kurzurlaub. Günter kam aus der Dusche und als ich an ihm vorbeigehen wollte, nahm er mich in seine Arme. Ich ließ es geschehen, scheute mich allerdings davor, ihn ebenfalls in den Arm zu nehmen. Günter meinte daraufhin scherzhaft: „Traust du dich nicht, mich anzufassen?“ Ich sagte nichts, lächelte ihn nur unsicher an und ging aus dem Badezimmer. Doch mir ging der Vorfall nicht aus dem Sinn.
Bei der anschließenden Tageswanderung habe ich mich dann kurzentschlossen entschieden, ihm von meiner Scheu, nackte Haut zu berühren, zu erzählen. Das ist mir nicht leicht gefallen, denn ich habe selbst Schwierigkeiten, mich mit dieser Eigenart anzunehmen. Vor allem weil ich weiß, dass Günter sehr gerne meine Haut streichelt und ich das auch genieße. Aber ich bin halt anders, und das ist manchmal sehr schwer für mich auszuhalten.
Für mich war es ein sehr großer Vertrauensbeweis, mit ihm darüber zu reden. Günter war mein Bekenntnis nicht neu, schließlich sind wir schon 45 Jahre miteinander verheiratet. Aber ich hatte es das erste Mal in Worte gefasst. Und genau das hat was mit uns beiden gemacht. Wir haben nicht mehr erörtert woher diese Scheu kommt oder warum ich so bin. Das war in dem Moment überhaupt nicht wichtig. Wichtig war nur, dass ich es ausgesprochen habe, und dass ich Annahme erlebt habe.
Günter legte spontan seinen Arm um mich und so gingen wir, eng aneinander gedrückt, weiter. Ich fühlte mich frei und erleichtert. Zwischen uns war eine große Nähe und Tiefe. Ich habe es wie ein Eins sein erlebt. Wir waren unserem Traum wieder ein Stück näher gekommen.
Solche Momente stärken und beleben unsere Beziehung. Das Vertrauen zwischen uns wächst und das ist wie ein festes Band, das uns verbindet. Wir merken allerdings auch, dass dieser Lebensstil uns nicht in den Schoß fällt. Es ist wichtig, dass jeder von uns beiden immer wieder seinen Teil der Verantwortung übernimmt, damit der Traum für unser gemeinsames Leben nicht nur ein Vorsatz bleibt, sondern durch uns lebendig wird.
Jeder noch so kleine Versuch unseren Traum zu leben, gibt uns Auftrieb und Zuversicht. Und bereichert unsere Beziehung.
Wir möchten euch nun ermuntern, Euren gemeinsamen Traum wieder neu zu entdecken. Es lohnt sich. Denn, wenn wir unseren Traum kennen und ihn uns immer wieder bewusst machen, wird er uns den Weg zu einem erfüllten Leben zu Zweit zeigen.
Der Traum von unserem gemeinsamen Leben ist wie ein Samenkorn, dass Gott in uns hineingelegt hat. An uns liegt es, das Umfeld zu schaffen, damit es wachsen, blühen und Frucht bringen kann.
Hier noch der leicht abgewandelte Text eines Liedes als Ermutigung zum Träumen:
Wenn einer alleine träumt, so ist es nur ein Traum,
wenn beide gemeinsam träumen,
so ist das der Beginn einer neuen Wirklichkeit.
„Träumt euren Traum“
Angelika und Günter
Dialogfragen zum Thema:
- Was hilft mir, meinen Traum für unser gemeinsames Leben in Erinnerung zu rufen? Wfim, wenn ich Dir das mitteile?
- Wie komme ich wieder mit meinem Traum, von einem Leben in Verbundenheit mit Dir, in Berührung? Wfim, wenn ich an unsere Verbundenheit denke?
- Was träume ich für unsere Beziehung? Ich teile Dir meine Gedanken und Gefühle mit? Was tue ich konkret dafür? Wfim., wenn ich Dir das mitteile?
- Welche Gefühle habe ich, wenn ich Dir von meinem Traum für unsere Beziehung erzähle?
- Wie versuche ich am heutigen Tag meinen Traum mit Dir konkret zu leben? Wfim, wenn ich jetzt, Dir das mitteile?
- Welche Hindernisse machen es mir schwer, meinen Traum für unsere Beziehung zu leben? Meine Gedanken und Gefühle teile ich Dir mit und welches Grundbedürfnis vernachlässige ich?
- Was hindert mich daran, mit dir gemeinsam zu träumen? Welche Gefühle werden mir bewusst?
- Ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Welche Träume habe ich für unsere gemeinsame Zukunft?
- Du bist nicht mehr da. Welcher Traum unseres gemeinsamen Lebens ist in Erfüllung gegangen? Wfim, wenn ich mich daran erinnere?
- Welchen Traum für mein Leben träume ich für mich, ohne Dich, aber in Verbundenheit mit Dir? Ich teile Dir meine Gedanken, Gefühle und mein Grundbedürfnis mit.
- Was ist für mich der Traum für die Kirche, die Gemeinde, die Kommunität in der ich lebe?
- Was träumt Gott für mein Leben? Wfim, wenn Gott mir (m)ein Leben anvertraut?
Anregung: Beim Traum ist es hilfreich den vertieften Dialog zu führen, gerade bei den Hindernissen.
Beitragsbild: Wieland Wiederhold, Tiefthal