Braucht Glauben wirklich Gemeinschaft, so haben wir uns gefragt. Kann nicht jeder für sich alleine glauben? Doch wenn wir auf unser Leben zurückschauen, stellen wir fest, dass uns gerade die Gemeinschaft geholfen hat, den Glauben an mich, an dich, an Gott zu entwickeln und wachsen zu lassen.
Folgender Text von Friederike Ferstl macht deutlich, wie sehr wir einander brauchen:
Wir brauchen einander
Den einen, weil wir ihn lieben oder er uns liebt,
den anderen, weil wir Distanz und Abstand lernen müssen,
den einen, weil er unser Leben in Frage stellt,
den anderen, weil er uns bestätigt,
den einen, weil wir tiefe innere Einheit erfahren,
den anderen, weil wir Andersartigkeit kennenlernen,
den einen, weil er uns zu uns selbst führt,
den anderen, weil er uns zu den Mitmenschen führt,
den einen, weil er uns Stütze ist,
den anderen, weil wir ihm Stütze sein können,
den einen, der uns sagt, was wir tun sollen,
den anderen, der schweigt und uns selbst den Weg finden lässt,
den einen, der uns immer wieder auf Gott aufmerksam macht,
den anderen, durch den Gott uns auf etwas aufmerksam macht.
Wir brauchen einander in den verschiedenen Situationen des Lebens
und so vielfältig unser Leben ist, so vielfältig können auch unsere Beziehungen zu Mitmenschen sein, so vielfältig können die Beziehungen in unseren Gemeinschaften sein,
so vielfältig kann Kirche sein, als Ort, wo wir Menschen einander in Seinem Namen begegnen.
Hinführung zum Thema
Wir als Paar sind Gemeinschaft der Glaubenden im Kleinen. Wie können wir Gemeinschaft gut leben?
z.B., indem wir:
1. Einheit in Verschiedenheit leben
2. Uns gegenseitig fördern, um unser Potential zu entwickeln, zu wachsen – heiler zu werden
3. Offen füreinander sind
4. Weitergeben, was wir erhalten haben.
Und genau das sind auch die Merkmale der Kirche
Zu 1. – einig – trotz aller Unterschiedlichkeit
Zu 2. – heilig – uns gegenseitig fördern und heiler werden
Zu 3. – katholisch (allumfassend)- offen füreinander sein
Zu 4. – apostolisch (weitergeben)
Diese Merkmale auf gute Weise in allen Bereichen unseres Lebens zu leben ist eine ständige Herausforderung. Wenn wir dies in unserer kleinen Gemeinschaft als Paar in allen Bereichen leben, stärken wir uns und auch die große Gemeinschaft der Glaubenden.
Wie können wir das? Hier einige Beispiele:
Einheit in Verschiedenheit leben:
Am Sonntag in der Hl. Messe war so ein Moment als wir uns beim Vaterunser die Hand gereicht haben. Das war sehr berührend für mich. Ich, Angelika, betete das Vaterunser viel inniger, gerade weil ich eine tiefe Verbundenheit zu Günter spürte. Meine kleine Hand in seiner großen Hand, unsere körperliche Unterschiedlichkeit und auch all unsere anderen Unterschiede waren in dem Moment nicht relevant. Wir standen Hand in Hand vor unserem Gott. Das erlebte ich als starke Verbindung.
Wenn wir zusammen in der Küche das Essen zubereiten, fühle ich, Günter, mich auch in Verbundenheit mit Angelika. Wir haben dann das gleiche Ziel. Ich habe dabei meistens schon richtig Hunger und könnte einiges schon sofort essen. Aber Angelika ist mit ihrem Teil oft schon eher fertig, als ich mit meinem Salat und deshalb muss ich mich dann beeilen. Wir beide arbeiten ganz unterschiedlich, trotzdem sind wir dabei miteinander verbunden und es entsteht eine leckere Mahlzeit.
Einander helfen, unser Potential zu entwickeln.
Als wir noch die Autoreparaturwerkstatt hatten, hat Günter mir ganz selbstverständlich zugetraut, die reparierten Autos zu den Kunden zu bringen, auch solche mit Automatik, die ich nicht gewöhnt war. Ich war unsicher und hätte es am liebsten nicht gemacht. Geholfen hat mir das große Vertrauen von Günter zu meinen Fahrkünsten. Er war felsenfest davon überzeugt, dass ich das kann und das spürte ich. Danach war ich dann ganz stolz über meine Leistung und später hat es mir überhaupt nichts mehr ausgemacht fremde Autos zu fahren. Ich war über mich und meine Angst hinausgewachsen.
Offen füreinander sein und gut umgehen mit etwas, was mir nicht gefällt
Offen für Angelika zu sein bedeutet für mich, Günter, sie mit ihren Ängsten anzunehmen, auch wenn ich diese Ängste nicht nachvollziehen kann und mich darüber ärgere. Als wir z.B. auf der Autobahn fuhren, reizte es mich schnell und zügig zu fahren. Ich trat also aufs Gaspedal. Doch Angelika hatte Angst und bat mich langsamer zu fahren. Am liebsten hätte ich gesagt: „Komm stell dich nicht so an. Ich fahre ganz sicher und du brauchst keine Angst zu haben.“ Doch dann entschied ich mich, sie mit ihrer Angst ernst zu nehmen und fuhr langsamer.
Endecken, dass ich etwas erhalten habe und ich aufgerufen bin, es weiterzugeben:
Hier einige Erfahrungen aus der Arbeit am Thema vom Zeitungsteam:
- wenn andere uns Ihr Vertrauen schenken und aus ihrem Leben erzählen, von dem, was ihnen nicht geglückt ist und von all ihren Unzulänglichkeiten und Schwierigkeiten, macht uns das Mut, auch uns vor anderen zu öffnen und von uns zu erzählen.
- wenn ich mein Leben wertschätze, kann ich auch das Leben anderer wertschätzen
- das Fundament, auf dem ich stehe, ist mein Gottvertrauen, das kann ich weitergeben
- Kleinigkeiten sind es, die ich weitergeben kann: Lächeln oder ein freundliches Wort. Es muss nichts Großes sein.
- Auf meine Beziehung mit dem Partner kommt es an, das kann ich an die Kinder und Kollegen weitergeben.
- Jetzt und hier die Erfahrung meiner eigenen Menschwerdung, das eigene Leben weitergeben
Wir alle brauchen Gemeinschaft um uns entwickeln und entfalten zu können. Dies gilt in ganz besonderer Weise auch für meinen Glauben an mich, an andere, an Gott. Wir wünschen Euch viel Freude beim Eintauchen in dieses Thema.
Dialogfragen zum Thema:
- Wir sind herausgefordert Einheit in Verschiedenheit zu leben (einig)
- In welcher Situation habe ich mich heute (bzw. in den letzten Tagen) mit dir trotz unserer Verschiedenheit verbunden erlebt? Wfim?
- In welcher Situation habe ich in letzter Zeit Mangel an Verbundenheit mit dir erlebt? Wfim?
- In welcher Situation habe ich in letzter Zeit Verbundenheit bzw. Mangel an Verbundenheit mit Menschen, die mir wichtig sind (z.B. in der Großfamilie, in der Pfarrgemeinde, im Freundeskreis) erlebt? Wfim?
- Wir sind herausgefordert unser Potential voll zu entwickeln und uns gegenseitig darin zu stärken (heilig)
- In welcher Situation bin ich durch deine Wertschätzung/Bestätigung gewachsen? Wfim?
- In welcher Situation habe ich von dir Herausforderung zum Wachsen erlebt? Wfim?
- Wo meine ich, habe ich dich zum Wachsen herausgefordert? Wfim?
- Wir sind herausgefordert offen zu sein, selbst wenn mir etwas nicht gefällt (katholisch)
- In welcher Situation ist es mir gelungen offen für dich zu sein, obwohl mich etwas an dir gestört hat? Wfim?
- In welcher Situation habe ich deine Offenheit erlebt, obwohl ich vermute, dass es dir nicht leicht gefallen ist? Wfim?
- In welcher Situation ist es mir gelungen offen für andere Menschen zu sein, obwohl mich etwas an ihnen gestört hat? Wfim?
- Ich bin herausgefordert weiter zu geben, was ich erhalten habe (apostolisch)
- Ich habe in meinem Leben viel geschenkt bekommen. Was davon ist mir im Moment besonders wertvoll? Wfim?
- Ich habe in meinem Leben viel geschenkt bekommen. Was davon habe ich (an Kinder, Freunde, andere Menschen) weitergegeben?
- Erinnere dich an eine konkrete Situation, in der du versucht hast, anderen etwas davon weiterzugeben, was du selbst an Wertvollem erhalten hast. Wfim?
Angelika und Günter Klatte
Titelbild: K. und W. Wiederhold