Wir sehen in dem Thema 2 Schwerpunkte:
- Die Begegnungen im Alltag. Den alltäglichen Umgang miteinander, den liebevollen Umgang von dem wir alle träumen oder den wir auch schon erreicht haben.
- Die Begegnungsbereiche der 5. Einführung vom WE mit seinem Dialog, der uns helfen soll, Annahme zu erfahren und den anderen anzunehmen wie er ist.
1. Begegnung im Alltag
Als wir das erste Mal mit diesem Thema“ Wir begegnen einander – Begegnung im Paar“ konfrontiert wurden, kamen mir (Klaus) zuerst die Begegnungen im Alltag in den Sinn. Wann und vor allem wie begegnen wir uns im Alltag unter der Woche, wenn ich arbeite und unsere 3 Kinder doch noch ganz schön viel Raum einnehmen. Wann haben wir überhaupt Zeit für Begegnungen?
Wie sieht liebevolle Begegnung im Alltag aus?
Bei diesen Überlegungen kam uns gleich der liebevolle Umgang in den Sinn, von dem wir, seit wir ME kennen, träumen oder wie er in der Romanze war.
Wie kann liebevolle Begegnung im Alltag aussehen? Wie gelingt es mir, wie gelingt es uns, einander liebevoll zu begegnen, in Worten und mit Zärtlichkeiten? Dazu fallen uns auch unsere Alltagsrituale ein.
Einige Beispiele von uns:
- Ein Kuss, eine Umarmung, eine zärtliche Berührung, z.B. morgens nach dem Aufstehen.
- Eine gemeinsame Kaffeepause am Vor-oder Nachmittag.
- Ein Stück Schokolade dem Anderen in den Mund schieben.
- Wenn du mir Zeit zum langen Frühstück schenkst.
- Wenn du zum Frühstück am Samstag einen Obstteller richtest.
- Wenn ich heimkomme und du mich liebevoll begrüßt.
- Abends den Fernseher auslassen und du setzt dich einfach zu mir.
- Vor dem ins Bett gehen, nicht noch an den PC gehen. Stattdessen einander vom Tag erzählen.
- Dich bewusst in den Blick nehmen, auch wenn ich es eilig habe.
2. Die Begegnungsbereiche
Das Thema verweist auf die Begegnungsbereiche in der 5. Einführung. Das Teampaar trägt die sehr tiefgehenden Dialoge zu Sexualität und Tod vor.
Zum Liebesbrief/Dialog erhalten die Paare eine Liste mit Bereichen, aus denen sie für den Liebesbrief das mit den stärksten Gefühlen aussuchen sollen. Das sind immer Bereiche, wo wir es schwer haben den anderen anzunehmen, wo vielleicht unsere Unterschiedlichkeit am größten ist.
Normalerweise steht dort:
- Unsere Kommunikation miteinander
- Zeit, Geld
- Gesundheit
- Kinder, erwachsene KinderBeziehung zu Gott
- Atmosphäre bei uns zu Hause
- Eltern, Schwiegerfamilie, Verwandtschaft
- Beruf, Arbeit, Ruhestand
- Tod, Sexualität
Bei dem Thema/Einführung der Begegnungsbereiche geht es darum von der Ablehnung über die Toleranz zur Annahme zu gelangen. Es geht darum, dass wir angstfreie Kommunikation lernen. Es ist schwierig, weil eine Unterschiedlichkeit zu Tage kommt, die wir evtl. bedrohlich erleben. Wir sind oder bleiben in diesen Bereichen einander fremd, wenn wir uns nicht im Liebesbrief darüber austauschen. Es geht nie darum, dass wir Lösungen finden, sondern einander teilhaben lassen und so aus unserer Einsamkeit heraustreten können.
Wenn wir diesen Schritt des Liebesbriefes wagen, dann können wir Annahme erfahren, die uns oft schwer fällt. Den Partner annehmen heißt, aufhören zu widersprechen, aufhören meine Sicht und meine Meinung aufzudrängen. Annehmen heißt zu sagen: Du bist ganz anders als ich und ich möchte wissen und spüren, wie das bei dir ist, trotz meiner Ängste, trotz der Bedrohung, die ich spüre.
Wir möchten euch ganz besonders einladen über ein Thema mit starken Gefühlen zu schreiben. Der Dialog wird eure Beziehung stärken und eine tiefere Begegnung ermöglichen.
Wo und in welchen Bereichen fällt es mir schwer dich anzunehmen?
Ein paar Beispiele von uns.
Klaus:
- unser Umgang mit Zeit, Zeit haben, Zeit nehmen, Du hast alle Zeit der Welt
- Pünktlichkeit, pünktlich sein
- Beziehung zu Gott, deine Schweigeexerzitien, die sind mir fremd
- eine Unordentlichkeit und dein Sammeln/Aufheben
- in der Sexualität bist du so ganz anders als ich
Beate:
- in deiner Geschäftigkeit, wenn du dann wie mit Scheuklappen rumläufst
- wenn du in deine Schweigsamkeit verfällst und ich immer weniger von dir erfahre
- wenn du Dinge nicht liegen lassen, abgeben oder delegieren kannst
- wenn ich dich im Umgang mit den Kindern nicht konsequent erlebe
Wir schlagen folgende Dialogfrage vor:
Mir fällt es schwer dich in dem Bereich … anzunehmen. Was macht es mir so schwer? Wie sind meine Gefühle dabei?
Beate:
Ich habe Klaus einen Liebesbrief geschrieben zu dem Bereich: In deiner Geschäftigkeit, wenn du dann wie mit Scheuklappen herumläufst und du weder mich noch die Kinder mit unseren Bedürfnissen wahrnimmst.
Wenn ich dir schreibe, dass es mir schwerfällt, dich mit deiner Geschäftigkeit anzunehmen, möchte ich dir aber zuerst mitteilen, dass ich auch oft ganz vieles daran schätze.
Ich schätze an dir deine anpackende Art, im handwerklichen Bereich kannst du vieles; deine Neugierde und den Mut, dich an Unbekanntes zu trauen, Neues zu wagen, auszuprobieren; Dinge, die zu tun sind machst du einfach, ohne groß herum zu zaudern.
Wenn du dann aber – wie jetzt beim Renovieren deines Elternhauses – immer wieder untertauchst oder auch abhebst mit deinen Gedanken, deinem Handeln und deinen Gefühlen, wandelt sich bei mir die Wertschätzung in Unverständnis. Ich erlebe dich in deiner eigenen Welt. Für mich ist es dann, wie wenn du mit Scheuklappen herumläufst.
Mir kommt das Bild, wie wenn du immun für Einflüsse von außen wärst.
Wenn ich bei Gesprächen erlebe, dass du gar nicht richtig hörst, was ich erzähle, dann fühle ich mich gereizt und manchmal auch wütend. Danach folgt die Traurigkeit und ich fühle mich schwunglos.
Ich erlebe es auch manchmal als einen Kreislauf, in dem wir uns befinden. Je mehr du dich von deiner Geschäftigkeit einnehmen lässt, desto größer ist die Gefahr, dass ich mich mehr und mehr zurückziehe.
Ich fühle mich bedroht, meinen Eigenwert sehe ich in Gefahr.
So fällt es mir immer wieder schwer, dich in diesem Bereich so anzunehmen wie du bist – da du hier ganz anders bist als ich. Und was hilft mir dich anzunehmen? Ich schaue auf unseren Urlaub. Wir konnten uns in den Blick nehmen, haben viel voneinander erfahren. Ich fühlte mich unbeschwert, leicht und gelassen. Das „Morgen-Ritual“ konnten wir nun in unseren Alltag einbauen. Ich erfahre auch von deinen Sorgen, Nöten und es hilft mir momentan dich so anzunehmen. Aber auch ich kann mich dir mitteilen.
Dabei fühle ich mich getragen und friedlich. Es macht mir Mut, ich muss nicht in meinem „Nicht annehmen können“ stehen bleiben. Dabei fühle ich mich auch dankbar.
Die wichtigen Erkenntnisse aus dem Austausch:
Im Austausch ist mir mal wieder deutlich geworden, wie wichtig es für mich ist, das Wertschätzende an diesem Verhalten nicht aus den Augen zu verlieren, das Schwere kann dann an Schwere verlieren;
und wie wichtig es auch für dich ist, du kannst es besser annehmen, dass ich es in diesem Bereich schwer mit dir habe, wenn du weißt, dass es da auch einiges gibt, was ich an dir schätze.
Klaus:
Ich habe Beate einen Liebesbrief geschrieben zu dem Bereich „Im Umgang mit der Zeit“. Du hast alle Zeit der Welt für: Ruhe, Muße, ein Buch lesen oder auch nur beim Autofahren. In diesem Bereich bist du so ganz anders als ich. Deshalb fällt es mir vielleicht auch so schwer dich anzunehmen. Aber ganz oft denke ich auch: Du bist hierbei wie ein Fels in der Brandung. Du bist die Entschleunigung in Person, bei der ich mir auch viel abschauen könnte.
Besonders schwer dich anzunehmen fällt es mir in Zeiten, in denen viel los ist. Manchmal denke ich, du könntest doch mehr machen oder schneller. Ich bin dabei aber in einem Zwiespalt. Unsere Aufgabenteilung klappt doch ganz gut und obwohl du dir Zeit nimmst, ist ja das Meiste geschafft. Insgeheim oder eher unbewusst beneide ich dich, wenn du dir Zeit für Ruhe und Lesen nehmen kannst. Ich komme eigentlich nur im Urlaub zum Lesen oder wenn ich krank bin. Ich sehe dich im Schaukelsitz sitzen, wenn ich heimkomme und ich muss z.B. schon gleich wieder weiter, auf die Baustelle. Dabei bin ich eher neidisch, nicht dass ich dir das nicht gönne, sondern ich bin eher frustriert über meine Situation.
Manchmal hatte ich den Wunsch, dass du mir bei der einen oder andere Sache hilfst, z.B. Schränke ausräumen, Abkleben im Treppenhaus. Nein, ich spüre aber keinen Ärger, was ich zuerst dachte, sondern es ist eher Traurigkeit, Enttäuschung, weil du mir z.B. nicht mal bei den Schränken ausräumen geholfen hast.
Manchmal hast du alle Zeit der Welt, z.B. beim Autofahren gestern. Da werde ich dann ungeduldig, unruhig, denke, das ginge doch jetzt auch schneller. Aber zu sagen getraue ich es mir nicht, wegen deiner zu erwartenden Reaktion: „ich fahre jetzt“ oder so ähnlich.
Auf der anderen Seite ist noch die große Neugier bei mir: Wie ist das bei Dir? Wie ist es, wie schaffst du es die Ruhe und Muße zu haben, wie fühlt sich das bei dir an? Wenn ich in diesem Bereich mehr von dir wüsste, könnte ich es vielleicht besser verstehen.
Die wichtigen Erkenntnisse aus dem Austausch:
Von Beate habe ich das erste Mal gehört: es ist oft nicht die Zeit und Ruhe, die du scheinbar hast, sondern du hast nicht die Power und Energie, du bist einfach oft nur schwunglos, kraftlos hast keine Energie. Auf der anderen Seite leidest du an meiner schier unendlichen Energie.
Ich, Klaus, bin mir selbst bewusst geworden, dass ich gerne mehr von deinen Auszeiten, Zeit für Ruhe und Entspannung hätte. Ja ich könnte in diesem Bereich viel von dir lernen.
Beate Pollich-Ziegler und Klaus Ziegler
Dialogfragen
- Wenn ich an unsere Begegnungen im Alltag, an unseren liebevollen Umgang miteinander denke, wie geht es mir dabei? Welche Gefühle habe ich dabei? Wfim beim Schreiben?
- In unserem Alltag gibt es immer wieder kleine Hindernisse, Stolpersteine, die uns an einer liebevollen Begegnung hindern. Was hilft mir, was hilft mir von dir, diese zu überwinden? Wfim?
- Welche liebevollen Begegnungen im Alltag erlebe ich als besondere Bereicherung? Wfim dabei, wenn ich dir das schreibe?
- Wie sieht bei uns liebevolle Begegnung im Alltag aus? Wfim, wenn ich dir das schreibe?
- Die liebevolle Begegnung im Alltag mit Achtsamkeit, Wertschätzung, Zuhören und Zuwendung gelingt uns manchmal mehr und manchmal weniger. Welche Gedanken und Gefühle habe ich dabei?
- Mir fällt es schwer, dich in dem Bereich … anzunehmen. Was macht es mir so schwer? Wie sind meine Gefühle dabei?
- Ich sehe unsere Unterschiedlichkeit in folgendem Bereich … Was hilft mir dabei, damit gut umzugehen? Welche Gedanken und Gefühle habe ich, wenn ich dir das schreibe?
- In dem Begegnungsbereich … brauche ich deine Aufmerksamkeit besonders. Wfim, wenn ich dir das schreibe?
- Ich habe gehört, wo du meine Aufmerksamkeit besonders brauchst. Wie kann ich dich dabei annehmen? Wfim bei meiner Antwort?
- Welche positiven Veränderung in dem Begegnungsbereich … nehme ich in den letzten Jahren wahr?Welches Wachstum in der Beziehung erlebe ich dabei? Wfim, wenn ich dir das schreibe?
- Der Dialog ist ein Werkzeug damit wir uns im Alltag immer wieder intensiver begegnen und annehmen. Welche konkreten Erfahrungen kommen mir in den Sinn? Wfim, wenn ich dir das schreibe?
Titelbild: (c) Charlotte Zierau