2020/2 Maria und Josef – Herausgefordert im Glauben

In der Reihe „Paare des Glaubens“ wenden wir uns nun Maria und Josef zu, den irdischen Eltern Jesu. Die Evangelisten Matthäus und Lukas erzählen Kindheitsgeschichten von Jesus, in denen wir einiges von Maria und Josef erfahren.

Matthäus beginnt sein Evangelium mit einem Stammbaum, der die Abstammung Josefs von Abraham und David belegt. Am Ende schreibt er: „Jakob zeugte den Josef, den Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren, der der Christus genannt wird.“ (Mt1,16)
Auch im weiteren Text hat Matthäus besonders Josef im Blick. Maria ist mit Josef verlobt und wird unverheiratet schwanger. Josef will sich in aller Stille von ihr trennen, um sie nicht bloß zu stellen, denn dies hätte ihre Steinigung zur Folge haben können. In dieser für ihn schwierigen Situation erscheint ihm ein Engel im Traum. Daraufhin ändert er seine Meinung und steht zu Maria und nimmt das Kind als seines an. Josef legte somit die Tora barmherzig aus und das macht ihn zu einem Gerechten.

Nach der Geburt besuchen Sterndeuter die Familie zu Hause in Betlehem (Haus, kein Stall!) Wieder erscheint Josef ein Engel im Traum. Aufgrund dessen Warnung vor dem König Herodes, der die Kinder ermorden will, flieht die Familie nach Ägypten.
In Ägypten erfährt Josef wiederum durch einen Engel vom Tod Herodes. Sie kehren daraufhin wieder in die Heimat zurück, jedoch nicht nach Betlehem, wo der Sohn des Herodes herrscht, sondern nach Nazareth.
Wir lernen Josef als verantwortungsvollen Familienvater kennen, der seine Familie durch schwierige Zeiten führt und dabei auf Gottes Wort vertraut. Josef als gläubiger Mensch setzt sich mit seiner Entscheidung für Maria und das Kind über die gängigen Bräuche hinweg, obwohl er in den jüdischen Traditionen eingebunden ist.

Dagegen legt Lukas seinen Schwerpunkt in der Kindheitsgeschichte Jesu auf Maria. Der Engel Gabriel erscheint der jungen Frau Maria, die noch unverheiratet ist, und kündigt die Geburt Jesu an. Maria sagte ihr JA zu Gottes Willen „Siehe ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe, wie du gesagt hast.“ (Lk 1,38) Danach geht Maria zu ihrer Verwandten Elisabeth. Diese bestätigt und unterstützt Maria. „Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?“ (Lk 1, 43) Maria bleibt drei Monate bei ihr.
Und dann erzählt Lukas die bekannte Weihnachtsgeschichte mit der Reise nach Bethlehem, um sich in Steuerlisten eintragen zu lassen, der Geburt im Stall und der Anbetung durch die Hirten.
Maria & Josef halten sich an die Vorschriften der Tora, indem Jesus am achten Lebenstag beschnitten wurde und 40 Tage nach der Geburt (in dieser Zeit galt die Mutter als unrein) als erstgeborener Sohn in Erinnerung an die Pessach-Nacht als Eigentum Gottes dem Tempel übergeben und durch ein Opfer wieder ausgelöst wurde. Dazu machen sie sich auf den Weg nach Jerusalem, das 150 km von Nazareth entfernt liegt. Im Tempel begegnen sie Simeon und Hanna. Beide sind alte, weise Menschen, die im Tempel leben und als Propheten gelten. Sie erkennen in dem Kind das Heil, das Gott allen Völkern bereitet hat. (Lk 2, 30)
Mit dem zwölfjährigen Jesus pilgern Maria und Josef zum Passahfest von Nazareth nach Jerusalem. Nach den Festtagen machen sie sich mit ihrer Pilgergruppe wieder auf den Heimweg. Jesus aber bleibt in Jerusalem zurück, ohne dass seine Eltern es merken, da sie ihn irgendwo in der Pilgergruppe vermuten. Erst nach einer Tagesreise vermissen und suchen sie ihn. Nach drei Tagen schließlich finden sie Jesus im Tempel, wo er mitten unter den Schriftgelehrten sitzt, ihnen zuhört, Fragen stellt und alle mit seinem Verständnis in Erstaunen versetzt.
An zwei verschiedenen Stellen schreibt Lukas, dass Maria die „Worte in ihrem Herzen bewahrte“. (Lk 2,19 + 2,51). Die Offenbarungen, die Maria erfahren hat durch die Begegnung mit dem Engel der Verkündigung und Elisabeth sowie Hanna und Simeon im Tempel in Jerusalem, haben sie offensichtlich so bewegt, dass sie die Worte wie einen Schatz gehütet hat. Vielleicht waren diese Erfahrungen Kraftquellen für sie in den schweren Zeiten des Loslassens, als Jesus seinen Weg bis zum Kreuz ging.

Nach Jesu Taufe im Jordan und dem Beginn seines öffentlichen Auftretens ist von Josef in den Evangelien nicht mehr die Rede. Möglicherweise hat er dies nicht mehr erlebt. Jesus nennt Gott in seiner aramäischen Sprache „Abba“ (Deutsch: „Papa“). Dies lässt auf ein besonders liebevolles Verhältnis zu Josef schließen, denn sonst hätte er wohl kaum dieses Wort für sein Gottesbild gewählt.
Maria hingegen begegnet uns in den Evangelien auch zu Zeiten von Jesu öffentlichem Wirken. In drei Evangelien wird von Konflikten mit seiner Familie berichtet. (Mt 12,46-50; Mk 3,20-21; Mk 3,31-35; Lk 8,19-21). Maria und seine Geschwister können der Lehre Jesu zunächst nicht folgen, halten ihn sogar für verrückt geworden, und versuchen ihn, zurück zu holen. Da reagiert Jesus, indem er seine Jünger zu seiner Familie erklärt und sagt alle, die „den Willen Gottes tun, sind mir Bruder, Schwester und Mutter“.

Im Johannes Evangelium lesen wir, dass Maria und Jesus bei der Hochzeit zu Kana waren. Auf der einen Seite geht Jesus dort mit seiner Mutter etwas barsch um, auf der anderen Seite jedoch erleben wir, wie Maria voll Vertrauen den Dienern sagt, „was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5).
Nach Johannes (Joh 19,25-27) erlebt Maria auch die Hinrichtung ihres Sohnes am Kreuz. Jesus bittet seinen Lieblingsjünger, sich um seine Mutter zu kümmern. In der Apostelgeschichte (Apg 1,14) lesen wir dann, dass Maria und die Brüder Jesu zum Kreis der Jünger gehören.

Wir können uns somit vorstellen, dass es auch für Maria nicht leicht war, Jesu öffentliches Wirken und Auftreten anzunehmen. Hatte sie doch noch bestimmt all die Offenbarungen im Ohr, dass er doch Gottes Sohn ist. Wie passt das, was Jesus predigte mit ihrem erlernten Glauben zusammen? So muss es für sie eine unglaubliche Herausforderung gewesen sein, trotzdem zu ihrem Sohn zu stehen und ihn bis ans Kreuz zu begleiten.

Wir haben uns gefragt, was unsere Herausforderungen im Glauben sind und haben zu zwei Fragen Dialog geschrieben. Auszüge daraus wollen wir mit euch teilen:

Wie habe ich glauben gelernt? Welche Bedeutung hatten meine Eltern dabei? Wfim?

Helmut:
Glauben habe ich bei meinen Eltern und meiner Oma gelernt.
Als ich ein kleiner Junge war, spielten meine Mama und meine Oma die größere Rolle in der Glaubenserziehung. Ich wuchs bei ihnen im rheinischen Katholizismus auf, mit all dem Handeln mit Gott, mit Bitten und Versprechen, aber ich lernte auch, dass man mit Gott streiten kann. In dieser Ausprägung ist es vielleicht ein kindliches Gottesbild, das ich so übernahm, aber in emotional aufgeladenen Situationen habe ich entdeckt, dass ich wieder nach diesem Muster denke, fühle und mit Gott verhandele.

Mein Papa war in der Glaubenserziehung erst später wichtig als ich etwa 15 Jahre alt war. Mit ihm durfte ich in die Karl-Rahner-Akademie zu Vorträgen der Sonntags-Matinee gehen. Er vermittelte mir einen philosophischen, eher intellektuellen Zugang zum Glauben und zur Metaphysik. Auf dieser Grundlage habe ich später dann auch die Bücher von Hans Küng gelesen und konnte darüber auch mit Papa reden. Das hat mir in meinem Glauben viel Wachstum und Sicherheit gegeben.

Ich bin meinen Eltern sehr dankbar für die zwei ganz unterschiedlichen Glaubenswege. Für mich sind sie Zugänge zu einer Wahrheit, die ich in diesem Leben nicht ganz erfassen kann.

Eva:
Im Dialog zu dem Thema wurde mir noch einmal bewusst, dass ich in einer religiösen Großfamilie aufgewachsen bin. Sowohl in der Familie mütterlicherseits als auch väterlicherseits spielte der Glaube eine große und wichtige Rolle. Der Gottesdienstbesuch am Wochenende gehörte einfach immer dazu. Mit meiner Mutter haben wir die religiösen Rituale kennengelernt wie das Tischgebet, das Abendgebet, das Kreuzzeichen auf der Stirn, wenn wir das Haus verließen. Sie war auch diejenige, die sich in unserer Pfarrei sehr engagierte und uns als Messdiener und in der Jugendarbeit unterstützte. Jedoch gab es auch ihre strikten Vorstellungen über die Einhaltung der Regeln der Kirche. Das empfand ich oft als eng, machte mich ungehalten und ich war gehemmt. Bei meinem Vater habe ich da eher den „verkopften“ Glauben kennengelernt. Auch ihm war der Gottesdienstbesuch immer wichtig. Beruflich war er in engem Kontakt mit Priestern, die uns auch oft zu Hause besuchten. Und dabei wurde dann auch heftig über die Kirche diskutiert. Beim Austausch habe ich festgestellt, dass es mir gutgetan hat, an diese aktive Rolle meiner Mutter zu denken. Verblüfft bin ich, dass ich so wenig darüber weiß, welche Bedeutung der Glaube für meinen Vater hat.

Einen zweiten Brief schrieben wir zur Frage:
Wie haben wir unseren Glauben an die nächste Generation weitergegeben? Wfim dabei?
Eva:
Für uns war es von Anfang an wichtig, unsere Kinder im Glauben zu erziehen. Dazu gehörte der Besuch des Kindergottesdienstes am Sonntag, das Lesen der Bibel-Kinderbücher und vor allem im Alltag das Tischgebet und das Abendgebet mit dem Überlegen und Erzählen, was an dem Tag besonders schön war. Mir war es auch wichtig, die Feste im Jahreskreis zu begehen und zu feiern. Ich habe mich im Kinderliturgiekreis und bei der Kommunionvorbereitung engagiert. Wenn ich an diese intensive Zeit denke, bin ich zufrieden und dankbar, es so gelebt zu haben. Jedoch kam dann eine Zeit des Zweifels, eine Art Glaubenspubertät. Ich setzte mich intensiv mit meiner Biographie auseinander und erlebte dabei heftige Konflikte. Erst durch unser ME-Wochenende fand ich einen neuen Zugang zum Glauben und unsere Gemeinschaft war lange Zeit der Ersatz für unsere Pfarrei, in der ich mich nicht mehr zu Hause fühlte. Diese distanzierte Haltung, die sich aus der Zeit meiner Suche ergab, haben unsere Kinder sicherlich auch mitbekommen. Und trotzdem hat sich unsere Tochter dann für die Firmung entschieden. Auch ihre kirchliche Hochzeit und die Taufe ihrer Tochter lagen ihr sehr am Herzen, obwohl unser Schwiegersohn eher kirchenfern aufgewachsen ist. Beim Nachdenken spüre ich ein wenig Hoffnung und auch Erleichterung. Ich habe mein mir Mögliches gegeben und ich hoffe, dass auch dies Früchte tragen wird.

Helmut:
Als die Kinder klein waren, haben wir uns sehr bemüht, den Glauben weiterzugeben. Das gemeinsame Tischgebet, das Beten beim Zubettgehen, die Besuche der Kindergottesdienste und die Feiern der Feste im Jahreslauf sind mir in guter Erinnerung. Ich bin sicher, dass wir viele unserer Werte an unsere Kinder weitergeben konnten. Mit der Pubertät ist aber bei beiden die Bindung an die Institution bzw. Organisation Kirche sehr locker geworden, auch wenn sie bis heute nicht ausgetreten sind. Das macht mich traurig und ich schäme mich, weil ich fürchte, dass sie im Glauben heimatlos geworden sind. Loslassen fällt mir dabei schwer. Gespräche mit ihnen als Erwachsene über Glauben sind mehr als selten und ich fühle mich sehr unsicher und ratlos, wie ich mit ihnen darüber in tieferen Austausch kommen kann. Trotzdem bin ich stolz auf unsere Kinder, wie sie ihre Werte leben.

So laden wir euch ein, euch mit euren Herausforderungen im Glauben zu beschäftigen. Die Fragen auf der Rückseite des Heftes möchten euch dazu Anregungen geben.

Mit herzlichem Schalom
Eva & Helmut Schmiedel


Dialogfragen:

  • Welche Rolle in der Glaubenserziehung haben meine Eltern für mich gespielt? Wfim, wenn ich dir davon erzähle?
  • Welche (weiteren) Personen haben mir den Glauben nahegebracht? Wfim, wenn ich mich daran erinnere?
  • Was habe ich gemacht, um in meinem Glauben erwachsen zu werden? Wfim, wenn ich mir das bewusst mache?
  • Wfim, wenn ich an die Unterschiedlichkeit unserer Glaubenserfahrungen denke? Wie möchte ich damit umgehen?
  • Wie möchte ich meinen Glauben an die nächste Generation weitergeben (als Elternteil, als Pate, als Tante/Onkel, in der Gemeinde, im Berufsleben, im Verein…)? Was ist mir wichtig? Wfim dabei?
  • Wenn ich feststelle, dass die nachfolgende Generation den Glauben nicht so weiterlebt, wie wir, wfim dann? Wie kann ich meine Erwartungen loslassen und Vertrauen wagen?
  • Wenn ich mich in die Rolle von Maria und/oder Josef versetze, was kann ich von ihnen als Mutter / Vater lernen? Wfim bei diesen Gedanken?
  • Wenn ich auf die Veränderungen in unserer Kirche und in unserem Gemeindeleben schaue, welche Gefühle leben dann in mir? Was kann mir helfen, meine Erwartungen loszulassen?

Titelbild: Ikone Heilige Familie aus Griechenland