(Die 5 Sprachen der Liebe – Einführung zur Themenserie) »
Eine Einführung in das Geheimnis des Schenkens
Im Konzept von Chapman über „Die fünf Sprachen der Liebe“ gibt es auch die Sprache des Schenkens. Diese Sprache spricht, wer seinen Partner als Beweis seiner Liebe mit Geschenken bedenkt (aktive Rolle) oder der, der sich dann geliebt erfährt, wenn er vom Partner Geschenke bekommt (passiv).
Alle Sprachen der Liebe: Geschenk
Uns ist aufgefallen, dass im Grunde alle Sprachen der Liebe Geschenkcharakter haben:
Auch mit Lob und Anerkennung, Zweisamkeit, Zärtlichkeit und Hilfsbereitschaft kann ich den anderen beschenken. Am schönsten ist es jedoch für den anderen, wenn ich seine Sprache der Liebe treffe.
Man kann also sagen, dass SCHENKEN eine Art Oberbegriff für alle Sprachen der Liebe ist. Schenken ist ein anderes Wort für die Liebe. Wenn ich um dieses weiß, kann ich auch die Zuwendung des Anderen als Geschenk seiner Liebe empfangen, selbst wenn sie in einer mir fremden Liebessprache daher kommt. Auch wenn diese Zuwendung nicht exakt meiner Sprache entspricht: ich darf ahnen, auch das ist Geschenk.
Wilfried: So ist Waltrauds Liebessprache die Hilfsbereitschaft. Meine bevorzugte Sprache der Liebe ist jedoch Zärtlichkeit, und auch Lob und Anerkennung. Sie kann also auch Geschenk sein.
Waltraud: Seitdem ich weiß, welche Liebessprache Wilfried hauptsächlich spricht, bin ich in der Lage, auch darin ein Geschenk seiner Liebe zu erkennen, wenn er mir in seiner Sprache begegnet. Ein ganz besonderes Geschenk ist es aber, wenn Wilfried auf meine bevorzugte Liebessprache einschwenkt und mir hilfreich zur Seite steht.
Wilfried: Das Wissen um die unterschiedlichen Sprachen, die wir in der Liebesbezeigung haben, hat mir geholfen, einerseits mehr auf Waltrauds Erwartungen einzugehen, andererseits in Waltrauds Hilfsbereitschaft ein großes Geschenk an mich zu sehen und nicht nur auf Zärtlichkeit und Lob zu schauen.
Umgekehrt beschenke ich Waltraud, indem ich ihr in ihrer Sprache der Liebe (Hilfsbereitschaft) begegne und nicht auf meinem Kanal (Zärtlichkeit und Lob) verbleibe. Dieser Gedanke aber, dass alle Liebe letztlich Schenken ist, hat mir sehr geholfen.
Wenn ein Partner jedoch die konkrete Sprache des Schenkens hat, ist es gut, diese zu erlernen und bei sich abrufbar zu machen. Das ist für ihn/sie dann ein starkes Geschenk!
Was ist das eigentlich: Schenken?
Das wissen wir doch alle: Schenken ist ein Vorgang, bei dem ich dem anderen zu einem Anlass ein Geschenk (d.h. etwas) mitbringe. Im Alltagsverständnis ist Schenken also die Übergabe von (möglichst nützlichen) Dingen.
Es kann auch Zeit sein, die wir schenken oder geschenkt bekommen: ein Ereignis, die Einladung zum Essen usw. Schenken – bedeutet also im normalen Wortgebrauch: Wir schenken dem anderen etwas, das nicht wir selber sind.
Waltraud: Etwas schenken heißt für mich: Ich suche liebevoll ein Geschenk aus, überlege, was gefallen könnte und Freude macht. Sehr gerne schenke ich auch immer mal wieder etwas Selbstgemachtes, Selbstgebasteltes, Selbstgebackenes oder ein schönes Blumengesteck. Da ist dann etwas von mir und meiner Liebe enthalten. Ich habe mein Herzblut und meine Freude beim Herstellen hinein gelegt. Im Geschenk bin ich drinnen!
Schenken mit Herz
Damit erreichen wir eine zweite Stufe von Schenken, nämlich das, was in einem Gedicht von Ringelnatz übers Schenken so ausgedrückt wird: „Schenke herzlich, also aus dem Herzen. Sei eingedenk, dass dein Geschenk du selber bist.“
Schenken braucht also ein Herz: Ich lege mein Herz in etwas hinein, das ich schenken will, und zwar so, dass ich sagen kann: Ich stecke mit meinem Herzen in diesem Geschenk, das ich überreiche. Ich bin das, was ich hier materiell schenke.
Wilfried: Wenn ich Waltraud eine Rose mitbringe, dann „stecke“ ich selber in dieser Rose drin: „Das bin ich – für dich gegeben.“
So macht es Jesus in der Eucharistie, wenn er uns Brot und Wein schenkt: Das ist mein Leib!
Selbst ein Geschenk s e i n
Mit diesen Gedanken über das „Sei-du-selbst-dein-Geschenk“ aus dem Gedicht sind wir auch wie von selbst beim Ehesakrament angekommen.
Es gibt ein Leitthema der Theologie der Ehe, das lautet: Es ist die Aufgabe für die Eheleute, aus ihrem Leben ein Geschenk für den anderen zu machen. Und der Heilige Geist soll uns daran e r i n n e r n, soll uns dieses lehren.
Insoweit ist die Sprache des Schenkens eine zentrale Angelegenheit der Ehe nach christlichem Denken.
Wie geht das, selber zum Geschenk für den anderen werden? Das müssen keine außergewöhnlichen Staatsaktionen zu sein. Zum Beispiel in folgender Situation:
Waltraud: Ich wollte gerne einen zusätzlichen Besuch bei meiner alleinstehenden Mutter machen.
Wilfried: Ich hatte mir für den Sonntagnachmittag etwas anderes ausgedacht. Doch plötzlich, noch in der ersten Abwehr kam mir ein i n n e r e s Bild vor Augen: Ich wurde e r i n n e r t, dass Waltraud immer wieder auf meine spontanen Wünsche eingeht und mir ihre Zuwendung schenkt. Und so konnte ich Ja sagen zum Nachmittag mit Waltrauds Mutter und ihr dies schenken. Diese Erinnerung kam wie angeweht und half mir! Hatte hier Gottes Geist („der uns an alles e r i n n e r n soll“) seine Hand im Spiel?
Solches Erinnern an das Schenken des anderen, führt uns mitten in unser Herz, dann handeln wir aus dem Herzen – und dann kann die Antwort unsererseits nur sein, uns auch zur Gabe zu machen.
Waltraud: In dieser Situation habe ich erlebt, dass Wilfried für mich zum Geschenk geworden ist. Er hat dabei auf ein eigenes Anliegen verzichtet, nämlich zu lesen. Das geschah auch in einer anderen Situation, als er sich spontan entschloss, eine schwere Tasche mit Einkäufen für die Mutter mit dem Rad zu überbringen, damit ich diese beim Walken nicht schleppen musste.
Wilfried: Ich erlebe solches Sich-Schenken dann, wenn Waltraud mir eine Umarmung schenkt, weil sie um meine Nähe-Wünsche weiß, obwohl sie selbst im Moment das nicht bräuchte.
Schenken ist also nicht nur jene Situation, wo Materielles die Seiten wechselt, sondern wo wir als ganzer Mensch uns auf die Seite des zu Beschenkenden schlagen. Wie z.B. beim Zuhören mit dem Herzen.
Wir meinen, solche Alltagsbeispiele wird jeder finden können, wo er/sie sich zum Geschenk gemacht hat für den anderen.
Sich selber schenken: Überforderung?
Einfacher scheint es, ein Geschenk zu erwerben und dieses zu überreichen!? Doch wenn wir vom Ehesakrament her denken, dann dürfen wir auf den Heiligen Geist vertrauen. Dieser fordert uns nicht nur heraus, aus unserem Leben ein Geschenk zu machen, sondern gibt uns die Zusage, er werde uns dabei begleiten.
Der Heilige Geist ist die größte Gabe,
das höchste Geschenk
Gottes
Schwierigkeiten beim Schenken
Wenn wir nochmal zurückkehren zum Schenken von Dingen, dann gibt es dort Entwicklungen, die das Schenken verformen können, sodass seine eigentliche Absicht verloren geht.
Waltraud: In Zeiten des großen Konsums, wo man sich jederzeit selbst die Wünsche erfüllt, wird Schenken immer schwieriger. Ich weiß oft nicht mehr, was ich schenken soll. Die Anderen haben doch schon alles! So sind Geschenkgutscheine auch bei mir immer beliebter geworden, sodass der- oder diejenige sich selbst etwas aussuchen kann und so Enttäuschungen auf beiden Seiten erspart bleiben.
Die Botschaft eines Geschenkgutscheins lautet: Such dir selber was aus! Ich bin damit als Schenkender „aus dem Schneider!“ Das ist äußerst praktisch, aber ist das Herz dann immer noch dabei? Gutschein oder Geld im Umschlag: ein „S c h e i n schenken“?
Wilfried: Ich merke, das kann bei mir auch zur Nachlässigkeit beim Schenken führen. Ein Gutschein (oder Bargeld) kann, so hilfreich es ist, eine Verlagerung meiner Anstrengungen auf den zu Beschenkenden sein. Der muss sich jetzt Gedanken machen, was er damit anfängt. Ich selbst erspare mir dabei einen Vorgang des Überlegens, in dem mein Herz steckt. Für den Gutschein lange ich nur in meinen Geldbeutel hinein.
Das spricht nicht gegen einen Gutschein oder Bargeld, aber macht deutlich, was dabei verloren gehen kann: Die Sprache des Schenkens kann auf Dauer verstümmelt werden.
Kann es nicht auch in Beziehungen ein Gutschein-Verhalten geben? Ich hab dem anderen mein Ja-Wort gegeben; er oder sie kann es nun einlösen, ich bleibe passiv.
Wilfried: Auch wenn jemand eine Geschenkeliste zusammengestellt hat („Wunschzettel“ bzw. „Hochzeitstisch“) ist das hilfreich, doch komme ich mir dabei manchmal vor wie einer, der etwas Bestelltes ausliefert. Ich schenke ihm, was er mir sozusagen in die Hand gelegt hat. Das ist alles nicht schlimm, und praktisch ist solch eine Regelung auch, aber sie kann dazu führen, das Schenken zu „technisieren“.
Waltraud: Auf der Strecke bleibt aber auch meine Vorfreude, die Spannung, ob das Geschenk wohl Freude macht, da das durch die Vorauswahl durch den zu Beschenkenden schon feststeht.
Ich sehe mich hier auch im Entwicklungstrend der Gesellschaft. Es ist ja so bequem, wenn ich mir keine eigenen Gedanken machen muss. So frage ich bei den Geschenken für die Enkel gerne deren Mütter, was denn „dran“ sein könnte – und diese besorgen dann oft das Geschenk. Das hat aber zur Folge, dass ich später gar nicht mehr so recht weiß, was ich geschenkt habe… Da ist dann „nur“ mein Geld in dem Geschenk. Die Kultur des Schenkens ist mir dabei verloren gegangen.
Wir beide sind dazu übergegangen, unseren Enkeln zu Weihnachten anstatt noch mehr Spielzeuge etc. lieber Zeit mit Ereignis zu schenken, Zeit, die wir mit ihnen verbringen z.B. gemeinsam ein kulturelles Ereignis (Kindertheater etc.) zu besuchen.
Wilfried: Da spüre ich qualifizierte Zeit, in diesem Geschenk bin ich mehr drin, als bei manchem Gekauften.
Waltraud: Da spüre ich dann wieder etwas vom Wesen des Schenkens.
Seit Jahren schon schenken Wilfried und ich uns nichts zu Weihnachten. Das war wie ein großer Befreiungsschlag für mich; die schwierige Suche fiel weg, aber mir fehlt jetzt auch etwas. Die Kultur des Schenkens hat gerade Schlagseite.
Wilfried: Da tut es mir gut, davon zu hören, ich könne selbst das Geschenk sein. Mir Gedanken zu machen, wie ich für Waltraud ein Geschenk sein kann, und das an den Tagen des Advents zu tun, kann auch etwas Spannendes sein, ein Geschenkefeeling. Das ist ein Geschenk, an dem ich immer noch „basteln“ muss, d.h. an mir selbst, damit ich für Waltraud ein Geschenk bin.
Wenn das Geschenk nicht „ankommt“
Dies geschieht in der Beziehung immer wieder: Der eine schenkt Lob und Anerkennung, weil es seine Sprache der Liebe ist. Der andere erlebt sich nicht oder falsch beschenkt, weil er nur Hilfsbereitschaft als Geschenk anerkennt. Auch im materiellen Schenken kann es passieren, dass ein Geschenk nicht „ankommt“. „Freude schenken“ kann eine Absicht sein, aber muss nicht gelingen, denn ich kann nicht das Gefühl des Anderen „machen“. Dieser reagiert nach seinem Modus. Wie gehe ich mit meinem verletzten Gefühl dann um? Kann ich dem Anderen die Abweisung um der Freundschaft willen nachsehen? Das ist Teilnahme an der Enttäuschung Gottes mit dem Menschen, der seine Geschenke durch uns als abgelehnt erlebt.
Mach´s wie Gott
Oder: wie damit umgehen, wenn mir ein Geschenk, das ich bekomme, nicht gefällt? Gute Miene machen, trotz schwerem Gefühl der Enttäuschung? Was zählt: der Drang zur Wahrheit oder: muss ich nicht anerkennen, dass der Schenkende mir gut sein wollte und sich viele Gedanken gemacht hat. Auch das ist Teilnahme an der Enttäuschung Gottes über die Menschen, die ihm nicht geben, was sein Wohlgefallen auslöst. Gehört zur Freundschaft nicht auch das Ertragen solcher Momente? Was zerstöre ich, wenn ich mein Missfallen kundtue?
Mach´s wie Gott bei deinem Schenken und Geschenkt-bekommen: Lieben ist eine Entscheidung zum Lieben: das kleine Kreuz eines abgelehnten oder enttäuschenden Geschenks ertragen!
In der Beziehung Geschenk sein
Ein ME-Weiterbildungswochenende trägt den Titel P r ä s e n z-Wochenende. Da geht es um das P r ä s e n t-sein für den anderen. Spürt ihr die Doppeldeutigkeit? Da ist unser Thema Schenken bereits gegenwärtig: siehe Kasten:
Aus dem Lexikon:
Prä|sent = Geschenk, jedoch auch
prä|sent = gegenwärtig sein
mich prä|sentieren, Prä|sentation,
prä|sentabel sein
Ich bin ein Präsent für dich, weil ich für dich präsent bin, geistesgegenwärtig, achtsam, anwesend, mit offenem Ohr und Zeit für dich. Wie passend, wenn die österreichische ME-Gemeinschaft dieses Wochenende inzwischen so benannt hat: „In der Beziehung Geschenk sein – die Freude des Augenblicks“. Ich kann ein Präsent / Geschenk sein für dich, indem ich präsent bin für dich, nämlich ganz achtsam, ganz gegenwärtig, ganz Ohr. Ich kann eine Präsenz (Gegenwart) für den andern sein, die für ihn ein Präsent (Geschenk) ist.
Viel Freude und Beschenkt-sein beim Dialog über diesen Impuls wünschen euch allen von Herzen und mit Schalom
Waltraud & Wilfried
Schen|ken, bedeutete ursprünglich: zu trinken geben; heute noch: ein- oder aus-schenken (siehe auch Schänke als Ort für dieses Tun)
Ga|be Auf-Gabe, zur Gabe werden, begabt sein für den anderen, Zu-Gabe
Gna|de: griech. charis, siehe auch: Charisma oder Eu-charis-tie. Charisma war ein ungeschuldeter Zusatzlohn, also Zu-Gabe = Gnade
Dialogfragen:
- Was ist mir beim Lesen des Impulses neu aufgegangen? Wfim dabei?
- Ist das Schenken meine /deine Sprache der Liebe? Wfim?
- Wfim, wenn ich davon höre, dass wir in der Ehe zum Geschenk füreinander werden dürfen?
- Wie kann ich für dich zur Gabe werden, was brauchst du von mir (im Moment).nach meiner Sicht? Wfim dabei?
- Wann bist du in letzter Zeit durch dein Dasein für mich ein Geschenk gewesen? Oder: wann war ich ein Geschenk für dich? Wfim bei meiner Antwort?
- Wfim mich bei dem Gedanken, dass mein Leben ein Geschenk Gottes ist?
- Mein erstes Geschenk damals an dich / von dir an mich: Wfim, wenn ich heute darauf schaue?
- Wfim mich, wenn du mich mit einem spontanen Geschenk überraschst (z.B. Blumen, einer Wertschätzung) / oder umgekehrt, wenn ich dich mit einem spontanen Geschenk (…) überrasche?
- Wfim, wenn ich darauf schaue, wie Schenken in meiner Ursprungsfamilie gehandhabt wurde?
- Wfim, wenn ich einen Festtag von dir vergesse / wenn du einen Festtag von mir vergisst?
- Wfim, wenn mein Geschenk nicht „ankommt“ und nicht gewertschätzt wird? Oder umgekehrt: Wfim, wenn mir ein Geschenk nicht gefällt?
- Was bedeutet es mir, dass der Heilige Geist uns helfen wird, aus unserem Leben ein Geschenk füreinander zu machen? Wfim bei meiner Antwort?
Bild: Waltraud Koch-Heuskel