(Die 5 Sprachen der Liebe – Einführung zur Themenserie) »
Liebe Paare, liebe Priester, liebe Alleinstehende!
Als wir gefragt wurden, ob wir einen Impuls zur „Hilfsbereitschaft“ als einer der fünf Sprachen der Liebe für die Zeitung schreiben wollen, waren wir erst unsicher, weil das nicht unsere erste Liebessprache ist. Meine (Marie-Theres) erste Sprache der Liebe ist „Zweisamkeit“, meine (Uwe) ist „Zärtlichkeit“. Wir haben uns dann aber auf dieses Abenteuer eingelassen und es als bereichernd erlebt.
Hinführung zum Thema
Gary Chapman schreibt in seinem Buch „Die 5 Sprachen der Liebe“:
„Hilfsbereitschaft ist eine Sprache der Liebe, weil es um all die Gefälligkeiten und Dienstleistungen geht, die man aus Liebe für den anderen tut. Man ist dazu bereit, weil der Ehepartner es sich wünscht. Man möchte dem anderen eine Freude machen, indem man ihm einen Dienst erweist. Und das ist Ausdruck von Liebe.“
Als Beispiele nennt er kochen, Rasen mähen, Tisch decken, Mülleimer leeren etc.
„All das sind Dienstleistungen aus Hilfsbereitschaft. Diese in einem positiven Geist erledigt sind Ausdruck der Liebe zum anderen.“
Hilfsbereitschaft in unserer Herkunftsfamilie
Wie wir Hilfsbereitschaft in unserer Herkunftsfamilie erlebt haben, hat uns für unser Leben geprägt. Dies wirkt sich auch darauf aus, wie wir Hilfsbereitschaft in unserer Beziehung zeigen und erleben.
Marie-Theres: Mein Vater war mir gegenüber sehr hilfsbereit, z.B. indem er mit mir zusammen mein Zimmer tapeziert hat. Er war auch sehr fürsorglich, manchmal zu sehr, dass es mich nervte. Er nahm mir unangenehme Sachen ab, aber das förderte nicht gerade meine Selbstständigkeit. Ich erlebte mich dadurch erdrückt und fühlte mich wie ein kleines Kind, dem nichts zugetraut wird.
Meine Eltern haben mich mehr finanziell als mental unterstützt. Dabei hätte es mir mehr geholfen, wenn sie sich bewusst Zeit für mich genommen hätten, mir mehr zugehört und Mut zugesprochen hätten. Sie haben von mir erwartet, dass ich mithelfe, z.B. beim Abtrocknen, Putzen, bei der Gartenarbeit. Wenn Besuch angekündigt war, musste ich meiner Mutter stundenlang bei den Vorbereitungen des Essens helfen. Ich habe dies oft ungern getan, da meist eine angespannte Stimmung herrschte. Meist habe ich nur geholfen, weil es von mir erwartet wurde, und um keinen Ärger zu bekommen. Oft erlebte ich mich ausgenutzt und befürchtete, wenn ich Hilfe verweigere, dass ich als egoistisch gesehen werde und nicht mehr geliebt bin.
Mir ist bewusst geworden, dass es mir deswegen schwer fällt, andere um Hilfe zu bitten aus Angst, sie könnten sich ausgenutzt erleben. Dadurch, dass ich von meinen Eltern wenig die Hilfsbereitschaft erfahren habe, die ich eigentlich brauchte, bin ich unsicher jemand anders gegenüber, ob ich ihm wirklich helfe oder er sich durch meine Hilfe als bevormundet erlebt. Leichter fällt es mir, wenn mich jemand konkret um Hilfe bittet.
Wenn Uwe mich um Hilfe bittet, freue ich mich oft darüber. Dann erlebe ich mich von ihm gesehen, wichtig. Dann bin ich dankbar und zufrieden. Wenn ich aber gerade mit etwas beschäftigt bin, erlebe ich seine Bitte als störend. Dann reagiere ich darauf unwirsch. Entweder verweigere ich seine Bitte oder ich erfülle sie, um Ruhe zu haben. Damit fühle ich mich jedoch unzufrieden und freudlos.
Mir fällt es oft schwer, Uwe um etwas zu bitten oder Hilfe anzunehmen. Mich bedürftig zu zeigen, fällt mir nicht leicht. Ich möchte es selber schaffen. So muss ich zugeben, dass ich begrenzt bin und zeige dadurch meine Armut, Schwäche und meinen Mangel. Damit kann ich mich schwer annehmen. Ich kann dies aber inzwischen Uwe besser zeigen als anderen.
Uwe: In meiner Familie war Hilfsbereitschaft wie selbstverständlich da, zumindest, wenn ich mich an meine Kinderzeit erinnere. Gerne habe ich im Garten geholfen, Besorgungen für meine Oma gemacht oder am Samstag das Auto gewaschen. Je älter ich wurde, umso geringer war meine Hilfsbereitschaft. Die Dinge, die ich sonst so selbstverständlich tat, wurden von mir hinterfragt. Muss das jetzt sein, kann nicht mein Bruder das tun usw. Schleichend wurden, besonders von meiner Mutter, die Dinge, die ich sonst gerne und selbstverständlich tat, z.T. mit Vehemenz eingefordert und manchmal auch mit Liebesentzug geahndet. Als Jugendlicher war ich oft der brave Uwe, der getan hat, was Mama sagte.
Meine Erfahrungen mit Hilfsbereitschaft in meiner Herkunftsfamilie wirken sich auf unsere Beziehung aus: Hin und wieder bin ich Marie-Theres gegenüber hilfsbereit, obwohl ich gerade etwas anderes vorhabe, da ich im Innersten Angst habe, wenn ich dies oder das nicht tue, aus ihrer Liebe zu fallen.
Wir erleben verschiedene Arten von Hilfsbereitschaft in unserer Beziehung:
Hilfsbereitschaft nach einer Bitte und aus freien Stücken
Uwe: Wenn Marie-Theres etwas aus sich selber heraus tut, z.B. wenn sie mir nach dem Gottesdienst spontan hilft, in der Kirche wieder „klar Schiff“ zu machen, dann erlebe ich mich in meinem Beruf, den ich wirklich mit ganzem Herzen mache, und in dem ich mich gerne engagiere, von ihr gesehen und wahrgenommen durch ihre Mithilfe. Wenn ich Marie-Theres um Hilfe bitte, und sie diese erfüllt, bin ich dankbar. Ich erlebe aber eine größere Dankbarkeit und Verbundenheit, wenn sie von sich aus hilft.
Motivation als eine Form von Hilfsbereitschaft
Uwe: Eine weitere Art von Hilfsbereitschaft sehe ich darin, dass Marie-Theres mich motiviert, mehr auf mich zu achten und meinem Körper Gutes zu tun, indem sie mich jeden Morgen mit einem frohen „Huhu“ zum Qi Gong einlädt und nach dem Frühstück zu einem Spaziergang an der frischen Luft. Durch ihre Beharrlichkeit und Ausdauer hat sie mir geholfen, ein gutes Stück Lebensfreude durch wiederhergestellte Beweglichkeit zu bekommen. Wenn mir bewusst wird, das Marie-Theres mich so beharrlich darin motiviert, etwas für mich und meinen Körper zu tun, bin ich einerseits beschämt und traurig, dass ich eine solche Motivation brauche, andererseits bin ich ihr aber auch sehr dankbar für ihre Ausdauer und Vehemenz.
Unterstützung zur Freiheit
Uwe: Unter Hilfsbereitschaft verstehe ich auch, dass Marie-Theres mir hilft, mich frei zu erleben, z.B. indem sie mir Zeit für mich gönnt und sagt: „Fahr ruhig los und tu dir was Gutes!“ Marie-Theres schenkt mir mit dieser Aussage eine innere Freiheit. Ich bin überrascht und fühle mich leicht.
Hilfe zur Selbsthilfe
Marie-Theres: Diese Art von Hilfe drückt für mich echte und vor allem konstruktive Hilfe aus. Dazu ein Beispiel: Als ich in der Mediathek einen Film suchen wollte, kam ich mit der Fernbedienung nicht zurecht. Uwe merkte es und hat mir nicht die Fernbedienung aus der Hand genommen, sondern in Ruhe erklärt, welche Knöpfe ich in welchen Schritten drücken muss, und so fand ich den Film. Ich war begeistert, mein Selbstbewusstsein war dadurch ebenso wie unsere Nähe im Paar gestärkt.
Hilfsbereitschaft als TUN und als SEIN
Uns ist bewusst geworden, dass Hilfsbereitschaft tatkräftige Hilfe im Sinne von TUN sein kann oder im Sinne von SEIN als mentale Hilfe, wie z.B. sich mit Ideen einbringen, da sein für den anderen, zuhören, Hand halten etc.
Marie-Theres: Ich erlebe Uwes tatkräftige Hilfe (TUN), z.B., wenn er mich im Haushalt unterstützt. Wenn er Arbeit sieht, z.B. einen Korb mit frischgewaschener Wäsche, die noch gefaltet werden muss, und er erledigt dies einfach, bin ich begeistert. Tatkräftige Unterstützung erlebe ich auch, wenn Uwe mir beim Vorbereiten des Mittagessens hilft. Dann erlebe ich Verbundenheit im Paar und fühle mich leicht und beschwingt.
Uwe: Wenn ich mich bewusst dafür entscheide, Marie-Theres im Haushalt zu helfen und ich dabei sehe, wie sich ihre Angespanntheit langsam löst und wir als Team zusammenarbeiten, erlebe ich mich wertvoll und geliebt und bin dankbar.
Marie-Theres: Es kommt aber auch vor, dass Uwe mir beim Kochen hilft und etwas anders macht, als ich es tun würde und ich dann Kommentare abgebe oder sogar rumnörgle, anstatt froh und dankbar zu sein, dass er mir hilft. Die Harmonie zwischen uns ist gestört und ich bin unzufrieden mit meinem Verhalten.
Uwe: Wenn ich Marie-Theres beim Kochen helfe, bin ich je nachdem, wie meine eigene Verfasstheit gerade ist, auch schnell beleidigt und ärgerlich, wenn sie meine Hilfe nicht sieht und wertschätzt.
Marie-Theres: Oft brauche ich Uwes Hilfsbereitschaft als mentale Unterstützung (SEIN). Dazu ein Beispiel: Als ich Uwe von den Sorgen um meine Mutter erzählte, hat er mir einfach nur zugehört und meine Hand gehalten. Ich fühlte mich dadurch erleichtert wie von einer schweren Last, indem ich meine schweren Gefühle aussprechen konnte und er sie ertragen und mitgetragen hat, ohne einen
Kommentar oder Ratschläge zu geben. Dadurch erlebte ich mich von Uwe gesehen, angenommen und mit ihm verbunden. Dies war für mich Hilfsbereitschaft, dir mir gut tat. Uwe hat mir dadurch ungeteilte Aufmerksamkeit geschenkt, welches meine erste Sprache der Liebe ist (ein Dialekt der Sprache „Zweisamkeit“). Damit wurde mein Liebestank gefüllt.
Ti voglio bene – als wahre Hilfsbereitschaft
Marie-Theres: Wenn Uwe mich fragt, was ich brauche oder ob bzw. wie er mir helfen kann, tut mir das gut. Da erlebe ich mich von ihm gesehen. Ich kann seine Hilfe gut annehmen und ich bin dankbar.
Ich habe es aber auch schon erlebt, dass Uwe mir etwas Gutes tun wollte. Er hat es gut gemeint, aber dies war nicht gut für mich. Darüber habe ich mich dann geärgert. „Ti voglio bene“ drückt für mich wahre Hilfsbereitschaft aus: Nicht „Ich weiß, was gut ist für dich“, sondern: „Ich will, was gut ist für dich“ – Ich begleite dich dabei, herauszufinden, was gut ist für dich.
Uns ist bewusst geworden, dass dafür eine gute Kommunikation notwendig ist. Z.B. könnte die Frage „Wie ist das für dich, wenn ich das tue?“ hilfreich sein. Auch kommt es auf die Haltung und Motivation an sowohl beim Geben als auch beim Nehmen (Freut mein Helfen dich oder mich?).
Leitsätze von Gary Chapman aus seinem Buch „Die 5 Sprachen der Liebe“:
- Liebe kann man nicht einfordern, nur erbitten
- Die Bereitschaft zur Liebe kann man nicht erzwingen
- Es ist eine Entscheidung zur Liebe, auf die Bitte des Partners zu reagieren
- Es kommt auf die Haltung an: Dienst aus Groll ist kein Liebesdienst
- Chapman schlägt vor, einen Wunschzettel an den Partner zu schreiben mit konkreten Bitten
- Es ist ein Liebesbeweis, wenn Wünsche erfüllt werden
- Wichtig ist, dass Liebe aus freien Stücken geschenkt wird
- Wahre Hilfsbereitschaft lässt dem anderen Raum, ob er sich helfen lassen möchte
Hilfsbereitschaft in der Bibel: Ein Liebesdienst
Jesus hat selber seinen Jüngern einen Liebesdienst erwiesen, indem er ihnen die Füße gewaschen hat. Damit hat er ihnen und uns ein Beispiel gegeben. Es ist ein Dienst am Nächsten (Joh 13,1-20).
Wir möchten schließen mit dem Satz des Apostels Paulus aus dem Galaterbrief (Gal 5,13): „Dienet einander in Liebe“ und wünschen euch viel Freude beim Austauschen zu diesem Thema.
Shalom,
Marie-Theres und Uwe van de Loo
Dialogfragen:
- Was verstehe ich unter Hilfsbereitschaft? Wfim, wenn mir das bewusst wird?
- Wie zeige ich Hilfsbereitschaft in unserer Beziehung? Wfim, wenn ich dir das mitteile? *
- Wie erlebe ich Hilfsbereitschaft in unserer Beziehung? Wfim dabei? *
- Wie reagiere ich darauf, wenn du mir gegenüber hilfsbereit bist? Wfim? *
- Wie reagierst du, wenn ich dir gegenüber hilfsbereit bin? Wfim dabei? *
- Wfim, wenn du meine Hilfe nicht annimmst? *
- Welche Art von Hilfsbereitschaft brauche ich von dir bzw. tut mir gut? Wfim, wenn ich dir das mitteile?
- Welche Rolle spielte Hilfsbereitschaft in meiner Herkunftsfamilie? Wfim, wenn mir das bewusst wird?
- Welcher Leitsatz von Gary Chapman spricht mich besonders an? Wfim?
- Welche Gedanken und Gefühle bewegen mich, wenn ich den Satz des Apostels Paulus höre: „Dienet einander in Liebe“ (Gal 5,13)? Wie fühle ich mich bei meiner Antwort?
- Schaut euch bei den entsprechenden Fragen eine konkrete Situation aus eurem Alltag an.
Bild: Waltraud Koch-Heuskel