2022/1 Lob und Anerkennung – eine Sprache der Liebe

(Die 5 Sprachen der Liebe – Einführung zur Themenserie) »

Wir wollen uns heute mit der ersten dieser fünf Sprachen, mit „Lob und Anerkennung“ beschäftigen.

Was ist eigentlich Lob?

  • Lob – ist eine spontane Form der Anerkennung, bezogen auf vollbrachte Leistungen oder ein Verhalten.
    „Dein Kuchen schmeckt mir gut“.
  • Loben drückt die Anerkennung für den Erfolg von Etwas oder einer Person aus und unterstreicht die besondere Leistung eines Menschen, nicht unbedingt um den Menschen selbst oder um die Anstrengung, die zum Erreichen dieses Ergebnisses von Nöten waren. Hier steht das „tun“ im Vordergrund. Ein Kind wird gelobt, wenn es isst ohne, dass die Spaghetti auf dem Boden landen.
    “Keiner macht die Pizza so gut wie du!“ “Es war richtig lieb von Dir, dass du gestern Abend noch abgewaschen hast“.

Was verstehen wir unter Anerkennung?

  • Anerkennung – wird vermittelt für Mühen und Engagement, selbst dann, wenn diese nicht von Erfolg gekrönt sind.
    „Toll, dass du immer wieder neue Kuchenrezepte ausfindig machst und dich traust, diese umzusetzen.“

Hier wird die Differenzierung schon ein wenig schwieriger. Während es beim Loben lediglich um eine erbrachte positive Leistung geht, wird Anerkennung auch für die Mühen und den Einsatz vermittelt, den es gebraucht hat, um ein Ergebnis zu erzielen. Dabei ist es nicht ausschlaggebend, ob dieses erfolgreich war oder nicht. Der Fokus liegt ganz klar auf dem Positiven.
Gegenseitige Anerkennung gilt als notwendig für jede Art von Zusammenleben, beispielsweise in der Ehe, in einer Schulklasse oder im Beruf. Wird ein Gruppenmitglied nicht anerkannt, gerät es in Gefahr, zum Außenseiter zu werden.
Anerkennung zu schenken, bedeutet, dem Gegenüber das Gefühl zu vermitteln, seine Leistung – egal, wie diese aussieht – hat eine positive Wirkung ausgelöst.
Wertschätzung

  • Wertschätzung – positive, wohlwollende und bedingungslose Haltung sich selbst und anderen gegenüber, bezogen auf den Menschen selbst und nicht „nur“ dessen Leistung und Taten. Hier steht das „sein“ im Vordergrund.
    „Ich fühle mich von dir umsorgt, beschenkt, wenn du Kuchen backst.“

Wertschätzung kommt von Herzen. Wertschätzung bedeutet, einen anderen Menschen wirklich wohlwollend wahrzunehmen – die ganze Person, nicht nur deren Leistung, deren Zertifikate und Meinung. Sie vermittelt dem anderen das Gefühl wertvoll zu sein und genau das ist eines der stärksten menschlichen Bedürfnisse. Wertschätzung drückt sich aus in Zugewandtheit, Interesse, Aufmerksamkeit und Freundlichkeit.

Bei ME beginnen wir unseren Liebesbrief immer mit einer Wertschätzung. Dabei nehmen wir ganz bewusst unseren Partner in den Blick und teilen ihm mit, was wir heute oder in den letzten Tagen ganz besonders an ihm geschätzt haben. Dabei geht es um die Fähigkeiten, um das, was unseren Partner ausmacht, um sein SEIN und nicht um das, was er getan hat. Es geht nicht um sein TUN.

Manfred
Meine Sprache der Liebe ist die „Zärtlichkeit“. Wenn du, Gaby, mich spontan umarmt, dann bin ich wie elektrisiert. Wenn du dich auf eine sexuelle Begegnung einlassen kannst, dann fühle ich mich geliebt. So war ich zu Beginn unserer Ehe auch der Meinung, dass es für dich ebenso sein müsste. Ich konnte nicht verstehen, dass du eine spontane Umarmung oft sogar als Unterbrechung deines Tuns erlebst und ich damit ein Gefühl des Ärgers bei dir auslöse. Wenn du dich dann in der Sexualität zurückgehalten hast, erlebte ich mich abgelehnt, ungeliebt, unerwünscht. Das hat dazu geführt, dass ich mich zurückzog.

Deine Hilfsbereitschaft, indem du meine Wäsche machst und ich immer gebügelte Hemden im Schrank habe oder wenn meine Lieblingslebensmittel immer ausreichend vorhanden sind und dein Lob konnten das nicht ersetzen, verstand ich nicht als Sprache der Liebe.
Dass wir unterschiedliche Sprachen der Liebe sprechen, ist mir erst bewusst geworden, als ich mit ME eine Möglichkeit des Austauschs zu Gefühlen und eine Begegnung mit dem Thema „5 Sprachen der Liebe“ gefunden hatte.

Inzwischen weiß ich, dass deine Sprache der Liebe „Lob und Anerkennung“ ist. Diese Sprache im Alltag zu sprechen, gelingt mir aber nicht automatisch – ist manchmal eher wie eine Fremdsprache für mich, wenn ich nur auf mich schaue und es als selbstverständlich betrachte, mein Bestes zu geben, mich bemühe, Dinge gut zu erledigen und dieses dann auch von dir erwarte und kein Lob oder Anerkennung für dich über meine Lippen kommt.

„Lob und Anerkennung“ in meiner Herkunftsfamilie hat keine besondere Bedeutung gehabt. Eine gute Schulnote ist registriert, aber nicht sonderlich honoriert worden. Aufgaben zu erledigen wie beim Spülen helfen, Rasen mähen, Hof fegen waren selbstverständlich und es wurde nicht gesondert herausgestellt, wenn diese Aufgaben erledigt worden waren.

„Lob und Anerkennung“ verschaffe ich mir selber, z.B. indem ich meine Energie darin stecke, meine Verkaufszahlen zu steigern. Wenn die Zahlen dann in der Außendienstversammlung per Beamer auf die Wand projiziert werden, dann sprechen diese Zahlen für sich, wenn ich im Vergleich zu meinen Kollegen weit vorne stehe. Anerkennung ist für mich, wenn man mir sagt, dass das Erscheinungsbild unseres Hofes sehr gepflegt und sicher mit viel Arbeit verbunden ist oder wenn ich beim 10 km Laufwettbewerb eine vordere Platzierung erreiche. Das sind Dinge, die nach außen zu sehen sind, die ich selber beeinflussen kann, da bin ich nicht auf andere angewiesen bzw. von anderen abhängig. Leistung bzw. Erreichtes steht für mich im Vordergrund. Damit lebe ich mein Grundbedürfnis nach Eigenwert und Eigenständigkeit.

Wenn ich ein Lob höre, frage ich mich oft, warum sagt die Person das, was erwartet sie dafür von mir, bin ich sonst nicht gut genug? Als mein Chef mir vor meinen Kollegen einen besonderen Dank für die geleistete Arbeit ausgesprochen hat, habe ich das als Lob erlebt. Ich habe mich innerlich gefreut. Nach außen habe ich versucht „cool“ zu bleiben, gelassen zu sein. Gleichwohl habe ich Unsicherheit und Sorge, ob er noch mehr von mir erwartet und ob ich die Ansprüche an mich weiter so halten kann.

Wenn also für mich „Lob und Anerkennung“ nicht die vorrangige Sprache der Liebe ist, so habe ich gleichwohl bei ME die Bedeutung von „Lob und Anerkennung“ für die Beziehung im Paar, im Miteinander, erfahren.

Genial finde ich, jeden Dialog mit einer Wertschätzung zu beginnen. Hier bin ich immer ganz gespannt, was du mir schreibst. Oft schreibst du mir eine Wertschätzung zu etwas, was mir gar nicht so präsent ist – ich freue mich dann darüber, wie aufmerksam du bist. In Zeiten, wenn ich denke, dass du eigentlich keine Wertschätzung verdient hast, weil du meine (unausgesprochenen) Erwartungen nicht erfüllst und ich Dich dann für meine Unzufriedenheit und mein „Unglücklich sein“ verantwortlich mache, dann hilft mir dieses Ritual, Dich aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und selber wieder offener in der Begegnung mit Dir zu werden.

Wenn ich Dir eine Wertschätzung schreibe, dann bemühe ich mich, nicht nur eine Leistung zu beschreiben, sondern vielmehr Eigenschaften von Dir herauszustellen, die ich besonders an Dir schätze. Der regelmäßige Dialog und meine „Liste der Eigenschaften“ hilft mir dabei, immer leichter eine tatsächliche Wertschätzung zu formulieren.

In der Vergangenheit hätte ich z.B. geschrieben „schön, dass du die Terrasse gesäubert und die Blumenkästen bepflanzt hast. Ich freue mich auf die Zeit, dort mit Dir zu sitzen.“ Heute würde ich die Wertschätzung ergänzen mit „ich schätze Deine Tatkraft die Initiative für diese Aktion zu ergreifen, Deine Weitsicht, die optimale Pflanzzeit im Blick zu haben und Deine Kreativität, verschieden blühende Pflanzen zu kombinieren.“

Gaby
Als wir angefragt wurden, diesen Impuls für die Zeitung zu schreiben, war ich sofort Feuer und Flamme.

Zu diesem Thema fühlte ich mich gut gerüstet, da „Lob und Anerkennung“ die Sprache ist, die mir am meisten guttut, mir Freude bereitet und mich motiviert. Damit teilt mir jemand seine Wertschätzung und du Manfred mir deine Liebe mit. Ich fühle mich gesehen, angenommen und gewärmt. Wichtig dabei ist für mich, dass das Lob von Herzen kommt. Dies gilt ganz besonders für Komplimente, die ich bekomme. Wenn ich den Eindruck gewinne, dass mich mein Gegenüber gefügig machen möchte und mir deshalb „Honig um den Bart schmiert“, erlebe ich das Lob und damit auch den Menschen, der es gesagt hat, als unehrlich. Dann bin ich verärgert. Vor langer Zeit hat Manfred einmal morgens zu mir gesagt: die Bluse steht dir gut. Mein spontaner Gedanke war dabei: sonst sieht das, was ich anziehe nicht gut aus? Inzwischen würdest du sagen, die Farbe der Bluse passt gut zu deiner Augenfarbe und steht dir deshalb besonders gut. Damit triffst du mich mitten ins Herz und ich blühe innerlich auf. Wichtig ist bei einer Anerkennung für mich auch, dass du siehst, wenn ich mir besondere Mühe gegeben habe, wie z.B., wenn du sagst, „super, dass du dich so schnell um die Recherche gekümmert hast“.

Gerade weil mir Lob und Anerkennung so wichtig sind, erlebe ich deine Wertschätzungen im Dialog, wie den Dünger für eine Pflanze. Ganz besonders erreichen mich dabei Wertschätzungen, die mich als Person betreffen und nicht das, was ich tue, z.B. wenn ich lesen darf: „Wenn du mich so wie eben anlächelst, geht die Sonne auf“ In Zeiten, in denen wir es schwer miteinander haben, zeigen mir deine mich lobenden Worte, dass du trotz aller Schwierigkeiten mit mir verbunden bleiben willst. Es fällt mir dann leichter, einen Schritt auf dich zuzugehen. Deine Sprache der Liebe ist nicht „Lob und Anerkennung“, du reagierst auf meine Äußerungen, manchmal mit: “das war doch selbstverständlich“. Wenn du das so sagst, stimmt es mich traurig, weil du dann nur die Worte hörst, aber nicht, dass ich dir auch sage: ich schätze dich und das was du tust und was du für mich bist.

Deine Wertschätzungen im Dialog zeigen mir ganz besonders, wie sehr du mich magst, damit nährst du mein Grundbedürfnis geliebt zu werden. Ganz besonders hat mich in einem Dialog gefreut, als du mein gutes Nachfragen im letzten Austausch hervorgehoben hast. In meiner Ursprungsfamilie kamen “Lob und Anerkennung“ nicht vor. So habe ich mich abgekapselt und für mich Wege gefunden, mit mir und meiner Leistung zufrieden zu sein. Ich habe gelernt, mein Grundbedürfnis nach Eigenwert zu nähren. Es fällt mir leicht dieses Bedürfnis zu stärken. Meinem eigenen Willen kann ich meistens so einsetzen, dass er mich zu dem von mir gesetztem Ziel führt. So war eine Äußerung in meiner Jugend: was sie will, dass schafft sie auch. Als ich kennenlernen durfte, wie stärkend auf mich „Lob und Anerkennung“ wirken, hat sich eine große Sehnsucht entwickelt. Ich fühle mich dann gesehen, angenommen und geliebt. Damit kommen meine beiden Grundbedürfnisse ins Gleichgewicht. Wenn ich mich in einem solchen Zustand befinde, fühle ich mich vollständig, stimmig, rund. Dann bin ich als Person gut und richtig, dann schwinge ich in Harmonie.

Gaby und Manfred Pudlik


Dialogfragen:

  • Welche Bedeutung hat für mich „Lob und Anerkennung“? Wfim, wenn es mir bewusst wird?
  • Wo habe ich in den letzten Tagen „Lob und Anerkennung“ bekommen? Wo habe ich Lob und Anerkennung gegeben? Wfim, wenn ich darüber nachdenke?
  • Wie leicht oder schwer fällt es mir, „Lob und Anerkennung“ oder ein Kompliment anzunehmen? Wfim dabei?
  • Wie leicht oder schwer fällt es mir, anderen / dir „Lob und Anerkennung“ zu geben? Wfim, wenn ich dir das mitteile?
  • Wofür lobe ich dich gerne? Wofür möchte ich dir heute Anerkennung geben? Wfim bei diesen Gedanken?
  • In welchem Bereich wünsche ich mehr Anerkennung und Lob von dir? Wfim?
  • Deine Wertschätzung und dein Lob für … tun mir gut, dadurch fühle ich mich…
  • Wfim, wenn wir als Paar wertgeschätzt werden?
  • Vom wem wurde ich in meiner Kindheit besonders gelobt und wofür? Wfim, wenn ich daran denke?
  • Womit habe ich in der Kindheit das Lob verdienen wollen? Wfim, wenn ich daran denke?
  • Vom wem hätte ich mir mehr „Lob und Anerkennung“ in der Kindheit gewünscht? Wfim, wenn ich daran denke?
  • In welchem Bereich fällt es mir leicht, ehrlich gemeintes Lob freudig und dankbar anzunehmen? Wfim?
  • Wann schwäche ich das Lob ab und was steckt möglicherweise dahinter? Wfim, wenn ich darüber nachdenke?
  • Wann und wo lobe ich Gott? Schenke ich Gott „Lob und Anerkennung“? Wfim?

Bild: Waltraud Koch-Heuskel