Wir hören an diesem Sonntag das Evangelium vom Guten Hirten (Joh 10,11-18). Wir hören, dass Jesus selber der gute Hirte ist. Er kennt seine Schafe und gibt sein Leben für sie hin. Er beschützt seine Schafe, weil er sie liebt. Er lässt sich auf sie ein und versucht sie zu verstehen. Die Schafe hören auf die Stimme ihres Hirten, weil sie wissen, das er es gut mit ihnen meint und für sie sorgt. Er übernimmt Verantwortung für seine Schafe.
In einem ersten Schritt laden wir Euch ein zu überlegen, für wen Ihr verantwortlich seid. Schreibt die Namen auf und macht Euch kurze Notizen.
Als Eheleute sind wir zu aller erst füreinander verantwortlich. Bei unserer Trauung haben wir uns versprochen in guten wie in schlechten Tagen beizustehen. Die Priester haben dem Bischof die Treue versprochen und sind zuerst verantwortlich für ihre Gemeinde, ihre Schafe, ihre Herde.
An zweiter Stellen kommen dann die eigenen Kinder, Enkel, Freunde, Menschen mit denen ich zusammenarbeite oder zusammen wohne. Aber auch dort, wo ich mich engagiere und ein Versprechen gegeben habe, übernehme ich Verantwortung.
Aus unserer Sicht sagt das Evangelium viel aus über das Wesen unserer Ehe und über die Beziehungen, in denen wir leben. In der Paarbeziehung sind wir füreinander Hirten. Wir geben unser Leben für den anderen, haben ihn immer im Blick und helfen ihm, wenn er scheinbare Irrwege geht. In der Nachfolge Jesu sind wir eingeladen, unsere(n) Partner/in und auch die Menschen um uns herum kennenzulernen und zu verstehen. Dazu muss ich mich auf die Person einlassen. Ich versuche die Gedanken meines Gegenüber zu verstehen und mich in die Person hineinzuversetzen. Ich interessiere mich für sie. Ich nehme wahr, was die Person gerade braucht. Ich bin bereit, mich selbstlos an sie zu verschenken und im Zweifelsfall auch konkret zu beschützen.
Ich, Silke, bin beim Bergabsteigen oft unsicher. Ich habe Angst zu fallen. Rolf weiß um diese Not. Ganz selbstverständlich steht er mir in dieser für mich schwierigen Situation bei. Er reicht mir seine Hand und stützt mich. So komme ich sicher den Berg hinunter. Ich vertraue ihm zu 100 %. Er setzt alles daran, dass ich wohlbehalten ankomme. Dafür bin ich ihm total dankbar.
Wenn wir in den Urlaub oder an einem Wochenende mit dem Auto unterwegs sind, bin ich auf der Hinfahrt oft sehr müde, weil die Woche so anstrengend war. Gerne mache ich schnell die Augen zu und versuche zu schlafen, damit ich fahrtauglich werde. In meinem Unterbewusstsein nehme ich aber Rolfs Atemgeräusche wahr. Wenn er auf eine bestimmte Weise atmet, merke ich, dass er müde wird. Sofort mache ich die Augen auf. Und wenn es irgendwie geht versuche ich ihn dann beim Fahren abzulösen. So sorge ich für ihn.
Ich, Rolf, habe – wie Silke sagt – eine Terminphobie. Ich mag keine vollen Terminkalender, fühle mich bei zu vielen Terminen stark unter Druck gesetzt. Also verdränge ich anstehende Termine gern. Silke sorgt für mich und weist mich mit liebender Strenge auf wichtige Termine hin. So schaffe ich es, die anstehenden Termine wahrzunehmen. Ich weiß, dass ich mich in Terminangelegenheiten voll auf Silke verlassen kann. Ich fühle mich entlastet und kann mich dann auch freuen, wenn nur ein Termin nach dem anderen von mir in den Blick genommen werden muss.
Silke mag keine Bürokratie – auch wenn sie eine Beamtin ist. So hat es sich eingespielt, dass ich für Steuererklärungen, Bankangelegenheiten und andere Verwaltungsaufgaben zuständig bin. Ich mag diese Art Aufgaben auch nicht besonders, kann diese aber dank meiner sorgfältigen Art und Weise gut bewältigen. Wenn es formale Briefe zu schreiben gilt, darf ich das machen. Auch für das Einrichten von Computern, Ausführen von Überweisungen per Onlinebanking, das Buchen von Urlauben und Hotelübernachtungen, etc. bin ich verantwortlich. So nehme ich meine Verantwortung für unsere gemeinschaftlichen Aufgaben wahr. Und wenn ich eine Aufgabe hinter mich gebracht habe, bin ich auch ein wenig stolz auf mich und von Silke erhalte ich Lob und Anerkennung.
Wir laden Euch ein zum Dialog zu folgenden Fragen ein:
- Ich denke an eine Situation, in der ich die liebende Fürsorge meines Partners/ einer mir wichtigen oder anvertrauten Person wahrgenommen habe. Beschreibe diese Situation. Wie habe ich mich damals gefühlt? Wie fühle ich mich, wenn ich Dir das heute schreibe?
- Was heißt es für mich konkret, für meine(n) Partner/in oder andere Menschen verantwortlich zu sein? Wie fühle ich mich in meiner Verantwortung?
- Ich denke an das Bild vom guten Hirten. Welche Gefühle und Assoziationen kommen in mir hoch? Beschreibe sie möglichst genau.
Herzliche Grüße aus Berlin-Spandau
Silke Bährens und Rolf Schudlich
Foto: © Silke Bährens