Wenn – dann

Im heutigen Sonntagsevangelium (Joh 14,23-29) spricht Jesus zu seinen Jüngern und sagt: „Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen. Wer mich nicht liebt, hält meine Worte nicht.“ Diese Sätze klingen sehr radikal.

Ich, Silke, höre aus diesen Worten dieses „Wenn-dann“ heraus. Es gibt nur ein Schwarz oder Weiß und nichts dazwischen. Solche Forderungen können schnell missbraucht werden. Beim ersten Lesen bekam ich ziemliche Bauschmerzen und fühlte mich total unwohl. Ich wollte vor diesem Text fliehen. Erleichtert und befreit hat mich die Motivation Jesu. Er meint es gut mit seinen Jüngern. Er möchte sie beruhigen und ihnen eine wichtige Botschaft übermitteln. Er spricht die Worte aus einer sehr großen Liebe, Sehnsucht und Verantwortung zu den Jüngern. Wenn ich Jesu Wort befolge, dann finde ich Frieden.

Vor solchen „Wenn-dann-Situationen“ werden wir auch in unserer Ehe und unseren Beziehungen gestellt. Bei der Hochzeit haben wir versprochen, einander die Treue zu halten in guten wie in schlechten Tagen. Wenn es dir nicht gut geht, dann halte ich Dir trotzdem die Treue. Diese Einstellung fordert uns heraus, kann uns aber auch wachsen lassen. Es besteht aber auch hier die Gefahr der Manipulation und des Missbrauchs. Die Bauchschmerzen bleiben.

Im Laufe unserer Ehe habe ich begriffen, dass es Rolf immer gut mit mir meint. Er agiert häufig weit vorausschauend, selbstlos, wohl überlegt, verantwortungsbewusst und voller Liebe. Bei seinen Forderungen geht es ihm nicht darum seine Macht zu nutzen. Wenn er einen Wunsch äußert, dann ist es für mich meistens klug, diesen Wunsch zu erfüllen. Ich bin dankbar, dass ich noch nie negative Erfahrungen diesbezüglich machen musste. Wenn ich seinen Worten folge, finden wir beide Frieden.

Wenn ich auf Rolf höre, dann ist es gut für mich. Hier ein paar Beispiele :
Als ich neulich Knieprobleme hatte, hat er mich energisch liebevoll gedrängt, mich auszuruhen und mein Knie zu bandagieren. Die Ruhe tat gut und mir ging es besser.
Vor vielen Jahren hat mich Rolf dazu gedrängt, das wir uns eine Eigentumswohnung kaufen. Im Nachhinein war es die richtige Entscheidung. Wir brauchen uns im Alter keine Sorgen machen, ob wir uns unsere Wohnung noch leisten können oder nicht.
Rolf hat eher als ich im Blick, wann ich mich überfordere. Dann bremst er mich liebevoll aus.

Ich, Rolf, sehe Wenn-Dann-Sätze etwas differenzierter. Natürlich kenne ich diese Folgerungen, die auch als Drohung eingesetzt werden können. Eltern können zum Beispiel ihre Macht ausüben mit: „Wenn du jetzt nicht aufräumst, dann können wir nicht zum Spielplatz gehen.“ Aber es gibt auch die Möglichkeit, dass Wenn-Dann-Sätze einfach eine logische Konsequenz aufzeigen: „Wenn die Sonne untergeht, dann wird es kälter.“ Oder sie können sogar positiv sein: „Wenn du Hilfe brauchst, dann rufe einfach an.“ Neutral betrachtet geht es um eine Bedingung und die Folge.

Wenn-Dann-Sätze sind aus meiner Sicht sehr mächtig und können z. B. in der Werbung auch manipulativ eingesetzt werden: „Wenn Sie nichts auf der Welt mehr lieben als ihre Kinder und ihre Kinder nichts so sehr mögen wie Nimm2, dann geben Sie ihren Kindern doch Nimm2.“ Insofern kann ich Silkes Unbehagen verstehen. Ich habe für mich entdeckt, dass es sinnvoll ist, genau hinzusehen, wie gerade ein Wenn-Dann-Satz genutzt wird.

Und was sagt Jesus? Er macht uns aus meiner Sicht eine Zusage: „Wenn jemand mich liebt, wird mein Vater bei ihm Wohnung nehmen.“ Das ist doch sehr positiv. Und er droht nicht mit dem Gegenteil: „Wenn jemand mich nicht liebt, wird mein Vater bei ihm nicht Wohnung nehmen.“ Was passiert, wenn wir Jesus nicht lieben oder nur ein bisschen, erfahren wir nicht. Wir erfahren in dem Lesungstext, dass Jesus uns den Heiligen Geist sendet. Das deutet darauf hin, dass er weiß, wie schwierig es ist im nachzufolgen. Und er weiß, dass wir auf Hilfe angewiesen sind. Das macht mir Mut.

Wir laden Euch zum Austausch zu folgenden Fragen ein:

  • Wie geht es mir, wenn ich „Wenn-dann-Forderungen“ höre? Beschreibe deine Gefühle genau.
  • Wann habe ich in meiner Ehe/ in einer Beziehung gute Erfahrungen mit der „Wenn-dann-Forderung“ gemacht?“ Nimm ein Beispiel und beschreibe deine Gefühle damals und heute.
  • Wann habe ich in meiner Ehe/ in einer Beziehung negative Erfahrungen mit der „Wenn-dann-Forderung“ gemacht? Nimm ein Beispiel und beschreibe deine Gefühle damals und heute.

Herzliche Grüße aus Berlin-Spandau
Silke Bährens und Rolf Schudlich

Foto: © Silke Bährens